Geburtskirche
Die Geburtskirche ist die Kirche in Bethlehem, die über der angeblichen Geburtsstätte Jesu Christi errichtet wurde. Die Geburtskirche gehört zu den wenigen Beispielen vollkommen erhaltener frühchristlicher Kirchenbauten..
Geschichte der Geburtskirche
Die Höhle, die die Christen als Geburtsstätte Jesu ansehen, wurde ab dem 2. Jahrhundert verehrt. Kaiser Hadrian errichtete angeblich 135 ein Adonisheiligtum über ihr, wahrscheinlich auch, um damit die Jesusverehrung wieder zu unterbinden. Kaiser Konstantin der Große und seine Mutter Helena ließen an der Geburtsstätte eine Memorialkirche mit reichen Mosaikböden errichten, die sie noch vor 335 Jesus Christus weihten. Der Bau war eine fünfschiffige, 27 Meter lange Basilika mit einem westlich vorgelagerten Atrium und einer polygonalen Apsis im Osten. Die Apsis war 17 Meter breit und hatte in der Mitte eine vier Meter breite Öffnung, die Einblick in die Geburtsgrotte gewährte.
386 kam der heilige Hieronymus nach Bethlehem, wo er seine
lateinische Bibelübersetzung Vulgata vollendete; in seinem
umfangreichen Werk berichtet er wiederholt von der
Geburtsgrotte, so z. B. in seinem 46. Brief, Kap. 11,3: „Hier in
einer kleinen Erdspalte wurde der Schöpfer des Himmels geboren“
(Ecce in hoc parvo terrae foramine caelorum conditor natus est).
Die konstantinische Basilika wurde in der 2. Hälfte des 5. Jhs.
mit einem westlichen Narthex vollständig neu erbaut, wie der
vollständig erhaltene Baudekor an Kapitellen und Architraven
zeigt; der Grund – möglicherweise ein Brand oder ein Erdbeben –
ist nicht überliefert. Gegen einen Neubau unter Kaiser Justinian
I. im 6. Jh. spricht der Baudekor des 5. Jhs., und es liegen
auch keine Quellen für eine Bautätigkeit seinerseits in
Bethlehem vor. Wesentliche Änderungen waren das Abdecken des
Mosaikbodens mit Steinplatten, die Vergrößerung des
Ostabschlusses mit drei Apsiden und ein doppelter Treppenabgang
zur Grotte, sodass nun die Pilger bis unmittelbar an die
Geburtsstätte gelangen konnten.
Während andere Kirchenbauten 614 von den gegen das Byzantinische
Reich vorrückenden Persern beschädigt wurden, blieb diese Kirche
verschont; sie ist somit die älteste erhaltene und
ununterbrochen genutzte Kirche im Heiligen Land. Vermutet wird,
dass ein Relief über dem Eingangstor, das die Heiligen Drei
Könige in orientalischer Kleidung darstellte, der Grund dafür
war. Die Kreuzfahrer restaurierten die Kirche gründlich
(1161–1169). Auch die Mamluken ließen die Kirche im 13.
Jahrhundert stehen. Unter den Türken, die die Marmorverkleidung
abmontierten, verfiel die Kirche zunehmend. 1670 begann die
griechisch-orthodoxe Kirche, die Kirche zu renovieren. Am
mutmaßlichen Geburtsort in der Geburtsgrotte wurde exakt auf der
Mittelachse der Basilika 1717 von der römisch-katholischen
Kirche ein silberner Stern mit der Inschrift Hic de virgine
Maria Jesus Christus natus est ‚Hier wurde Jesus Christus von
der Jungfrau Maria geboren‘ angebracht. Seine 14 Zacken
symbolisieren die 14 Geschlechter im Stammbaum Jesu.
In der Folge kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den
einzelnen Konfessionen über die Verwendung des Gebäudes, sodass
die Hohe Pforte 1757 eine Regelung festsetzen musste. Der
zufolge gehören der Hauptaltar und die rechten Seitenaltäre den
Griechen, zwei Seitenaltäre links den Armeniern. Den römischen
Katholiken (Lateiner) blieben neben dem Dreikönigsaltar und dem
Stern unter dem Geburtsaltar nur die Hieronymus-Grotten und der
Platz links von der Kirche, wo sie sich eine eigene Kirche bauen
durften.
Nachdem der silberne Stern in der Geburtsgrotte 1847 entfernt
worden war, wurde er zwar 1852 von Sultan Abdülmecid I. wieder
neu gestiftet, doch führte unter anderem dieser Vorfall zum
Ausbruch des Krimkriegs. Nach starker Beschädigung durch ein
Erdbeben (1927) ließen die britische Mandatsverwaltung und
später die Franziskaner Ausgrabungen und Restaurierungen
durchführen.
Während der Zweiten Intifada kam es im April 2002 zu einer 39
Tage dauernden Belagerung der Anlage durch israelisches Militär,
nachdem sich 40 bewaffnete palästinensische Kämpfer in die
Geburtskirche geflüchtet und dort verschanzt hatten. Außerdem
waren ca. 160 weitere Personen (darunter 60 Priester, Mönche und
Nonnen) auf dem Kirchenkomplex eingeschlossen. Durch die
Feuerwechsel wurden einige Fenster zerstört; größere Schäden
trugen nur die angrenzenden Gebäude davon. Die Vertreter der
christlichen Kirchen verweigerten eine Bestattung der beiden
erschossenen Palästinenser im Kirchenkomplex aus Angst, dass
Muslime dies später als Grund verwenden könnten, hier einen
Verehrungsplatz einrichten zu wollen.
Auch in neuerer Zeit gibt es, wie in der Grabeskirche, immer
wieder Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Konfessionen
über die Nutzung der Kirche. So kam es Ende Dezember 2007 und
2011 beim traditionellen Kirchenputz für das orthodoxe
Weihnachtsfest zu Raufereien zwischen armenisch- und
griechisch-orthodoxen Priestern, die von der Polizei aufgelöst
werden mussten. Eine notwendige Dachrenovierung scheiterte
jahrelang an der Frage nach der Aufteilung der Finanzierung,
wurde aber 2013 begonnen und sollte bis Mitte September 2014
abgeschlossen sein.
Der ganze Kirchenkomplex wurde vom Welterbekomitee auf seiner
36. Sitzung am 29. Juni 2012 (als erster Standort in Palästina)
als UNESCO-Welterbe anerkannt. Gleichzeitig wurde er in die Rote
Liste des gefährdeten Welterbes aufgenommen.
Architektur der heutigen Geburtskirche
Die jetzige Geburtskirche ist
eine fünfschiffige Kirche mit einem Narthex. An die Stelle des
einfachen Chorabschlusses ist ein Drei-Konchen-Chor mit
Querschiff und quadratischer Vierung getreten. Die Basilika hat
einen offenen Dachstuhl. Nur die drei Konchen sind gewölbt; die
Mauern der Konchen sind deshalb dicker als im Schiff. Die Säulen
sind nicht aus Marmor, sondern aus einem rötlichen, in Palästina
gebrochenen dolomitischen Gestein.
Im Mittelschiff und in der nördlichen Chorpartie befinden sich
unter dem jetzigen Fußboden Reste von Bodenmosaiken aus dem 4.
Jahrhundert, die mit Holzdeckeln geschützt sind. An den Wänden
des Schiffes sind Mosaiken der Kreuzfahrerzeit (Mitte 12. Jh.)
zu sehen, welche Konzilien darstellen: auf der Südwand sieben
ökumenische Konzilien (Nicaea 325, Konstantinopel 381, Ephesus
431, Chalcedon 451, Konstantinopel 553 und 680 sowie Nicaea
787), auf der Nordwand sechs Provinzialkonzilien (Carthago,
Laodicea, Gangara, Serdica, Antiochia, Ancyra). Im Nordschiff
finden sich Mosaiken, die Szenen des ungläubigen Thomas und der
Himmelfahrt Christi zeigen. An 33 Säulen im Langhaus haben sich
Malereien erhalten. Auf der rechten Seite gelangt man über eine
Tür zum Kloster der Griechisch-Orthodoxen, auf der linken Seite
gibt es zwei Verbindungstüren zur römisch-katholischen
Katharinenkirche bzw. dem Kreuzgang davor. Über zwei schmale
Treppen gelangt man in die Geburtsgrotte, in der die
Geburtsstelle unter dem Geburtsaltar gezeigt wird, bezeichnet
mit einem Silberstern, auf dem die lateinische Inschrift „Hic de
Virgine Maria Jesus Christus Natus Est“ steht. Rechts davon
befindet sich jener Platz, an dem die Krippe gestanden haben
soll.
Römisch-katholische Katharinenkirche
Links, direkt an die
Geburtskirche angebaut, befindet sich die 1881 von den
Franziskanern an Stelle einer früheren Kirche neu errichtete
Katharinenkirche (der heiligen Katharina von Alexandria geweiht)
mit einem Kreuzgang und dem Casa-Nova-Komplex. Dieser beherbergt
unter anderem das römisch-katholische Pfarrzentrum von
Bethlehem.
Das Mittelschiff der dreischiffigen Kirche war bis 1999 mit
vielen Rädern, dem Attribut der heiligen Katharina, verziert.
Dann folgte eine Restaurierung für das Jubiläumsjahr 2000 mit
dem Papstbesuch, bei der der Raum hinter dem Hauptaltar
vergrößert wurde.
Über eine Treppe gelangt man zum nördlichen Teil des
Grottensystems, in dem sich die Gräber des hl. Hieronymus, der
hl. Paula und der hl. Eustochium befinden. Die Gebeine der
Heiligen wurden im 15. Jahrhundert nach Rom in die Basilika
Santa Maria Maggiore gebracht.
Über eine Verbindungstür gelangt man direkt in die
Geburtsgrotte, diese wird jedoch nur zu religiösen Anlässen wie
an Weihnachten oder bei den Prozessionen der Franziskaner
geöffnet. Die bekannteste Sehenswürdigkeit ist das Jesuskind aus
Holz. Die lebensgroße Krippenfigur wird das Jahr über unter dem
rechten Seitenaltar, auf Stroh gebettet, gezeigt. Zu Weihnachten
liegt es jedoch (ohne weitere Figuren) unter dem Hauptaltar.
Seit dem Umbau hat der Altar sogar eine spezielle ovale Schale
als Liegestatt dafür integriert.
Orgel
Die Orgeln der Katharinenkirche wurden 2002 bis 2003 von der Orgelbaufirma Rieger (Schwarzach, Vorarlberg, Österreich) erbaut. Die Anlage besteht aus Hauptorgel und Chororgel, mit insgesamt 52 Registern auf drei Manualwerken und Pedal. Die Hauptorgel hat 37 Register auf zwei Manualwerken und Pedal. Vom Spieltisch der Hauptorgel (2. Manual: Positif) aus lässt sich auch die Chororgel anspielen, die 15 Register auf einem Manual und Pedal hat. Im Zusammenhang mit der palästinensischen Besetzung der Geburtskirche wurden 2002 während des Aufbaues 38 Register der Hauptorgel durch eine israelische Brandbombe zerstört. Ein Palästinenser, der den Brand löschen wollte, wurde erschossen.
Weihnachtszeremoniell
Am Mittag des Heiligen Abends
(24. Dezember) reist der Lateinische Patriarch von Jerusalem mit
dem Auto nach Bethlehem. An der Stadtgrenze (jetzt nach der
Trennmauer) wird der Konvoi von berittenen Polizisten und
Pfadfindergruppen mit Dudelsackmusik empfangen. Der Zug zieht
hinauf zum Krippenplatz. Dort wird der Patriarch von den
Franziskanern und örtlichen Würdenträgern empfangen, zieht in
die Geburtskirche und von dort in die Katharinenkirche ein. Er
zelebriert die Christmette und das Hochamt am Christtag (25.
Dezember) in der Katharinenkirche und kehrt dann nach Jerusalem
zurück. Die Mette findet also nicht in der Geburtskirche selbst
statt. Nach der Christmette zieht der Patriarch mit den
Konzelebranten und dem Altardienst in einer Prozession durch die
Geburtskirche zur Geburtsgrotte. Ähnlich feierlich wird das
Epiphanie-Fest (6. Januar) begangen, allerdings steht der Kustos
der Franziskaner diesen Feiern vor.
Ähnliches geschieht am 6. und 7. Januar, an dem die orthodoxen
Kirchen Weihnachten feiern (24. und 25. Dezember nach dem
Julianischen Kalender) durch den Griechischen Patriarchen. Er
feiert allerdings die Messe in der Geburtskirche.
Der Armenische Patriarch feiert – in kleinerem Rahmen –
ebenfalls in der Geburtskirche, jedoch am 5./6. Januar des
Julianischen Kalenders, also nochmals 12 Tage später (18./19.
Januar).
Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Geburtskirche