Rundreise British Columbia / Alberta 1997
06.Tag -
Freitag, den 09.08.1997
Sicamous - Boston Bar 373 km
"Kamloops" ist das
nur wenig veränderte indianische Wort "Cumcloops", das soviel wie
"Zusammentreffen von Gewässern" heißt. Tatsächlich fließen hier der South-
und der North-Thompson River zusammen. Der Fluß erinnert an David Thompson,
einen Erforscher des Landes und Geograph. Bekanntlich waren in früheren
Zeiten Flüsse und Seen die Hauptverkehrswege, oft sogar die einzigen. Und so
wundert es nicht, daß die Hudson's Bay Company hier 1812 eine
Pelzhandelsstation errichtete, die immer in Form eines Forts, hier Fort
Thompson genannt, befestigt wurde.
Kamloops hat heute ca. 65.000 Einwohner und ist immer noch ein wichtiger
Verkehrsknotenpunkt. Neben Eisenbahn und Buslinien kreuzt sich hier auch der
Trans-Canada mit dem Highway 5, der von Süden kommt. Dieser ist die
Verbindung zum Hwy 16, dem "Yellowhead Highway", der nördlich, etwa parallel
zum TC, eine zweite große Straße darstellt, die ebenfalls die Rokkies
überwindet und u.a. die Hauptstadt der Provinz Alberta, Edmonton, mit der
Hafenstadt Prince Rupert am Pazifik, verbindet.
Vor allem das südlich von Kamloops gelegene, hügelige Grasland eignet sich
gut zur Zucht von Rindern. Deshalb spielt, neben dem Holzhandel, auch der
Handel mit Rindfleisch hier eine besondere Rolle.
Der Goldrausch von 1863 im Cariboo Gebiet brachte auch für Kamloops
entscheidenden Aufschwung. Die "Overlanders", also alle die vom Osten, über
Land, vom Gold angelockt wurden, machten hier Station und siedelten sich zum
Teil an.
Heute bietet diese Stadt für den Reisenden eine gute Versorgungsbasis und
ebenso eine große Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten. Wenn nötig, kann
man hier auch Reparaturen am Fahrzeug ausführen lassen. Uns wurde in einem
Servicebetrieb für Wohnmobile eine defekte Dachluke schnell und fachmännisch
repariert.
Am Westrand von Kamloops, nahe bei der Abzweigung des TC, liegt ein großes
Einkaufszentrum. Hier ist auch ein Tourist Information Office. Die
Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner lernt man am besten im Kamloops
Museum, Seymour Street, kennen. Waffen, Gebrauchsgegenstände, auch ein
Blockhaus aus Pioniertagen, geben eine Vorstellung von den damaligen
Lebensverhältnissen.
Hinter Kamloops empfängt uns wieder die braune Steppenlandschaft.
Farbiger wird es beim Kamloops Lake, den der Thompson durchfließt. Die
bewässerten Flächen bilden am See entlang einen bunten Saum. Sobald wir den
See hinter uns gelassen haben, dominiert wieder das goldene Braun der
Steppe, ja der Halbwüste mit dem typischen Bewuchs der Sagebrushes, dem
Wüstensalbei.
Hitze und Wüste in Kanada! Das hatten wir nicht erwartet! Verbinden sich
doch unsere Vorstellungen von diesem nördlichen Land mit hohen Bergen,
eisigen Gletschern, kühlen Gebirgsseen und unermesslichen, grünen Wäldern.
Wie kommt es in diesen Breiten zu solchen Extremen?
Vielleicht erinnern wir uns noch an die Landkarte von Nordamerika aus
unserer Schulzeit. Darauf sah es so aus, als wenn die Rocky Mountains dicht
am Meer lägen. Spätestens jetzt merken wir, dass dieser Eindruck nicht
richtig war. Die Rockies trennt ein Streifen von mehreren hundert, ja
tausend Kilometern Breite vom Pazifik! Und nicht nur das, bis wir endlich an
die Strände des Meeres kommen, müssen wir noch einen Gebirgszug überwinden,
der womöglich noch schroffer und steiler ist, als das große Felsengebirge!
Deutlich machen das zwei markante Berge. So ist der rund 250 km nordwestlich
von Vancouver, im Küstengebirge gelegene Mount Waddington 4016 m hoch.
Dagegen erreicht der Mount Robson als höchster Berg in den kanadischen
Rockies "nur" eine Höhe von 3.954 m!
Beide Gebirgssysteme durchziehen den gesamten nordamerikanischen Kontinent.
Sie trennen sich in Mexico, bilden das so genannte Große Becken, und
vereinigen sich erst hoch im Norden, in Alaska, wieder, wo sie mit dem 6190
m hohen Mount McKinley im wahrsten Sinn des Wortes ihren Höhepunkt haben.
Während die Rocky Mountains ihren Namen über die Landesgrenze hinweg
beibehalten, haben die Küstenberge verschiedene Bezeichnungen. Der Grund
dafür könnte darin liegen, dass sie durch Flusstäler getrennt sind, welche
die dahinter liegenden Hochebenen entwässern. Im Süden sind sie als Sierra
Nevada bekannt, in Washington heißen sie Kaskadengebirge und auf kanadischem
Gebiet schlicht und einfach Küstengebirge.
Und genau dieser Gebirgsstreifen an der Küste ist verantwortlich für die
Trockenheit der dahinter liegenden Ebenen.
An seiner Westflanke müssen die Wolken, die sich auf ihrem weiten Weg über
den Ozean mit Feuchtigkeit voll gesogen haben, aufsteigen und kühlen ab.
Dabei erreichen sie den Kondensationspunkt und regnen aus. Dadurch ist die
Niederschlagsmenge auf der Westseite der Berge bis zu zehnmal größer als auf
der Lee- oder Ostseite!
Kein Wunder also, wenn wir hier Trockengebiete haben.
Die bekannteste dieser Steppen und Halbwüsten ist das Death Valley, da die
weltbekannten Spieler- und Scheidungsstädte Las Vegas und Reno in der Nähe
liegen, die Millionen von Menschen anlocken. Der Trockengürtel aber setzt
sich weit nach Norden, bis nach Kanada hinein, fort.
Der Thompson River nimmt seinen Weg in einem tief eingeschnittenen Bett.
Sein immer noch hellgrünes Wasser säumen kahle, steile Böschungen. Das Land
ringsumher ist fruchtbar, wenn ihm nur das Leben spendende Wasser zugeführt
wird.
Bewiesen wurde das schon vor dem Ersten Weltkrieg bei dem Ort Walhachin, was
im Indianischen "Land des Überflusses" bedeutet.
Ein englischer Adeliger, ein Marquis von Anglesey, der Geld besaß und wohl
auch einen gehörigen Schuss Abenteurerblut in seinen Adern hatte, führte
1907 eine Gruppe von Siedlern aus seiner Heimat Wales in diese Gegend. Mit
viel Arbeit und guten Dollars baute man ein ausgeklügeltes
Bewässerungssystem und sehr bald verwandelte sich die Steppe in ein grünes
Paradies. Obstbäume wurden gepflanzt, Felder und Wiesen angelegt und alles
trug reiche Frucht. Die nahe Eisenbahn transportierte die Erträge zu den
Abnehmern an der Westküste und alles entwickelte sich bestens.
Da brach der Erste Weltkrieg aus und auch im fernen Kanada, das ja ein
britisches Dominium war, ereichte die wehrfähigen Männer die Einberufung.
Über 90 Prozent mussten für die britische Krone in den Krieg ziehen. Keiner
kehrte zurück. Die wenigen verbliebenen Männer und Frauen und Kinder konnten
das Werk nicht erhalten und zogen nach und nach fort. Der Natur überlassen,
nahm bald die Steppe den Ort wieder in ihren trockenen, braunen Besitz.
Heute künden nur noch einige zerfallene Hütten und die Reste der
Wasseranlage von der blühenden Episode.
Vom Platz dieser tragischen Geschichte sind es nur noch 16km nach Cache
Creek, das wir als Tagesziel für heute ausgewählt haben.
Hier verläßt uns die bekannte Straße 97, die von Monte Creek an für 130 km
eine Ehe mit unserem TC eingegangen war, und führt nach Norden, während der
Trans Canada im Tal des Thompson in die entgegengesetzte Richtung strebt.
Man trifft sich, geht eine Weile einen gemeinsamen Weg und trennt sich
wieder. So ist das auch mit den Straßen! Es ist spätnachmittag geworden, als
wir Cache Creek erreichen.
Zum Namen Cache Creek und seiner Entstehung gebt es eine Geschichte. Zur
Zeit des Cariboo-Goldrauschs (um 1870) soll ein Mann einen Goldtransport
überfallen und auf der Flucht vor dem Sheriff hier versteckt haben (Cache =
Versteck). In jenen unsicheren Zeiten gab es viele Gründe, die Pläne
vereiteln konnten und so kam der Räuber nie zurück und das Gold wartet noch
heute auf seinen Entdecker! In einer
fast 100 m tiefen Schlucht, ca. 20 km nördlich von Yale liegt Hell's Gate.
Hier wird der gewaltige Fraser River in einen Kanal von 38 m gepreßt.
Übernachtung auf dem
Canyon Alpine RV Park & Campground in Boston Bar.
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