Niagara Fälle
Niagara Falls ist zudem der Name der beiden Schwesterstädte Niagara Falls im US-Bundesstaat New York und Niagara Falls in der kanadischen Provinz Ontario, in deren Zentrum sich die Fälle befinden.
Geographie
Der Niagara River verbindet den Eriesee mit dem Ontariosee. An
den Niagarafällen stürzt er 57 Meter in die Tiefe. Die oben
gelegenen Inseln Luna Island und Goat Island (Ziegeninsel)
spalten die Fälle in drei Teile: Die American Falls und die
kleineren Bridal Veil Falls, die ausschließlich innerhalb der
USA liegen und die Horseshoe Falls, durch den die Grenze
zwischen den USA und Kanada verläuft. Die American Falls haben
eine Kantenlänge von 260 m, die Horseshoe Falls eine von 670
m. Das Wasser der American Falls fällt über eine Kante von 21
bis 34 m Höhe auf eine Sturzhalde, die bei einem Felssturz
1954 entstand. Die Horseshoe Falls haben eine freie Fallhöhe von
57 m. Schiffe umfahren die Fälle durch den zwölf Kilometer
westlich liegenden, 43,4 km langen Wellandkanal.
Der Wasserdurchfluss des Niagara Rivers beträgt durchschnittlich
5750 m³/s, wobei am Tag mindestens 2832 m³/s (etwa ein Viertel
bis die Hälfte der gesamten Wassermassen) die Fälle
hinunterstürzen. Die Wasserfälle werden nachts auf mindestens
1416 m³/s gedrosselt. Die verbleibende Wassermasse wird über
ein Stauwehr für die Stromgewinnung umgeleitet. Zu Saisonzeiten
werden die Wasserfälle so allmorgendlich per Knopfdruck
eingeschaltet.
Geologie
Vor 12.000 Jahren am Ende der
letzten Kaltzeit schmolzen die letzten großen Gletscher in
diesem Gebiet und brachten den Eriesee zum Überlaufen. Die
Schmelzwasser bildeten den Fluss Niagara, der sich über die
Klippen der Niagara-Schichtstufe in den Ontariosee ergoss.
Die Schichtstufe besitzt dabei eine geologische Besonderheit:
unter dem harten Dolomitgestein der Oberfläche befindet sich
weicheres Schiefergestein. Die Wassermassen am Fuß der Fälle
erodieren das Schiefergestein, bis sich der Überhang aus hartem
Dolomit nicht mehr hält und in das Flussbett stürzt. Die Erosion
beträgt ca. 1,8 Meter pro Jahr. Auf diese Weise haben sich die
Fälle seit ihrer Entstehung bereits über elf Kilometer dem
Eriesee genähert. Durch teilweise Umleitung des Flusses zu
einige Kilometer entfernten Wasserkraftwerken werden die
herunterstürzenden Wassermengen reduziert. Durch die
Wasserentnahme für die Kraftwerke hat sich die Wucht der Fälle
vermindert und die Erosion verlangsamt.
Trockenfallen, Zufrieren
In der Nacht des 29. März 1848
fielen die Niagarafälle vorübergehend trocken. Ein Sturm hatte
die Eisschollen auf dem Eriesee in Bewegung gebracht und den
Austritt des Flusses bei Buffalo fast dreißig Stunden lang
blockiert, bevor sie wieder in Bewegung kamen und der Fluss
wieder strömen konnte. Viele Menschen in den umliegenden Städten
suchten den trockenen Flusslauf auf.
Im Juni 1969 wurden die American Falls für fünf Monate
trockengelegt und geologisch untersucht. Auch wurde Beton in den
Fels gedrückt, um der Erosion Einhalt zu gebieten. Die Idee, die
1954 entstandene Sturzhalde zu beseitigen, wurde aufgegeben,
auch weil sie die Wand, über die die American Falls stürzen,
stabilisiert.
Am 26. Januar 1936 waren die Niagarafälle weitgehend zugefroren.
Zuvor war es wochenlang besonders kalt gewesen. Im Februar 2015
waren sie zu einem großen Teil zugefroren.
Befahrungen und Überquerungen
Zahlreiche Befahrungen der
Horseshoe Falls wurden bisher versucht. Manche Personen stürzten
sich zum Beispiel in gepolsterten Tonnen oder Booten die Fälle
hinunter. Der erste dokumentierte Fall stammt aus dem Jahr 1829.
Etwa jeder zweite Versuch endete tödlich. Die erste erfolgreiche
Befahrung gelang am 24. Oktober 1901 der 63-jährigen Lehrerin
Annie Taylor in einem Holzfass. Befahrungsversuche sind eine
Straftat und werden seit den 1980er Jahren mit relativ hohen
Geldstrafen oder Gefängnis geahndet. Weil die American Falls die
geringere Strömung aufweisen und seit 1954 auf eine große
Sturzhalde stürzen, ist nicht bekannt, dass jemals ein Mensch
diesen Teil der Fälle hinunter stürzte und überlebte.
Am 9. Juli 1960 ging oberhalb der Horseshoe Falls der damals
siebenjährige Roger Woodward aus einem gekenterten Motorboot und
stürzte die Fälle hinunter. Er trug eine Rettungsweste und wurde
von der Mannschaft des Ausflugsbootes „Maid of the Mist II“
gerettet. Bis auf eine leichte Gehirnerschütterung, wegen der er
drei Tage im örtlichen Krankenhaus behandelt wurde, blieb er
unverletzt. Seine Schwester Deanne wurde von zwei Passanten noch
oberhalb der Fälle aus der Strömung des Niagara River gezogen.
James Honeycutt aus Niagara Falls (New York), ein Freund der
Familie, der die Geschwister auf die Bootsfahrt mitgenommen
hatte, überlebte den Sturz über die Fälle nicht; seine Leiche
wurde nach vier Tagen gefunden.
Kirk Jones aus Canton (Michigan) ist der erste bekannte Mensch,
der einen Sturz an den Niagarafällen ohne jegliche Hilfsmittel
überlebte. Er stürzte sich am 20. Oktober 2003 den Hufeisenfall
hinunter und überlebte mit zwei Rippenbrüchen, Prellungen und
Schürfwunden. Im Krankenhaus von Niagara wurde er vorübergehend
in die psychiatrische Abteilung eingewiesen und behauptete dort,
seine Aktion in Selbsttötungsabsicht geplant zu haben.
Angehörige widersprachen dieser Behauptung und sagten aus,
Jones’ Ziel sei gewesen, bekannt zu werden und Arbeit zu finden.
Spätere Aussagen von Jones legen nahe, dass er beide
Möglichkeiten als Ergebnis in Kauf genommen hatte.
Am 16. Juni 2012 überquerte der 33-jährige US-amerikanische
Hochseilartist Nik Wallenda, Urenkel des berühmten deutschen
Akrobaten Karl Wallenda (1905–1978), als erster Mensch die
Niagarafälle an den Horseshoe Falls mit Hilfe eines von der
amerikanischen auf die kanadische Seite gespannten Drahtseils.
Die 330 Meter lange Strecke legte er in circa 25 Minuten zurück.
Wallendas Aktion wurde live von dem US-amerikanischen
Fernsehsender ABC ausgestrahlt.
Kraftwerke
Seit dem 18. Jahrhundert
wird die Wasserkraft entlang des Flusses genutzt; ab 1759
zunächst als Antrieb von Wassermühlen, ab 1882 dann zur
Stromerzeugung im ersten Kraftwerk. Die Anlage wurde mit Wasser
aus dem Hydraulic Canal betrieben und diente ausschließlich der
Erzeugung von Gleichstrom zu Beleuchtungszwecken der
unmittelbaren Umgebung. Ab 1886 fand die Planungen zur
Edward Dean Adams Power Plant statt, das Kraftwerk für
Wechselspannung wurde 1895 in Betrieb genommen und erreichte
eine Leistung von 78,3 MW und war zu der Zeit das weltweit
größte Kraftwerk. Der Betrieb der Edward Dean Adams Power
Plant wurde 1961 eingestellt, nachdem das neue leistungsfähigere
Kraftwerk Robert Moses Niagara mit einer installierten Leistung
von 2,4 GW in Betrieb genommen wurde.
Um das Naturschauspiel der Wasserfälle für Besucher nicht zu
sehr zu schmälern, unterzeichneten die USA und Kanada 1950 einen
Vertrag, in dem festgelegt wurde, dass während der
Touristensaison im Tagesmittel maximal 50 % der
Gesamtwassermenge zu den Kraftwerken umgeleitet werden dürfen.
Außerhalb der Saison steigt der Anteil bis auf etwa 75 %. Als
Nebeneffekt der reduzierten Wassermenge verringerte sich auch
die Erosion der Fälle merklich.
Tourismus
Die touristische Erschließung begann ab 1800. Fahrten mit den Maid of the Mist-Booten werden seit 1846 angeboten. 1885 deklarierte der Bundesstaat New York die Niagarafälle als Naturpark, die Kanadier folgten ein Jahr später. Dennoch erhielten die Fälle nie den Status eines UNESCO-Welterbes. Mit mehr als 18 Millionen Besuchern jährlich zählt die Niagararegion zu den beliebtesten Touristenattraktionen Nordamerikas.
Panoramen
Die Niagarafälle um 1921.
Die Niagarafälle vom Skylon Tower aus gesehen: links die
American Falls und die Bridal Veil Falls, rechts die Horseshoe
Falls (Mai 2002).
vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Niagarafälle