Von der Ostsee nach Masuren und Schlesien
28. Mai - 23. Juni 2019
Allenstein
Allenstein, poln. Olsztyn, ist die Hauptstadt der polnischen Woiwodschaft
Ermland-Masuren.
Geographie
Geographische Lage
Olsztyn liegt am Fluss Łyna (Alle) im historischen Ermland, 125 Meter über
dem Meeresspiegel am Übergang vom Ermland zum Oberland. Die Stadt liegt etwa
80 Kilometer südöstlich von Elbląg (Elbing), 100 Kilometer südlich von
Kaliningrad (Königsberg) und 140 Kilometer südöstlich von Danzig.
Die umgebende hügelige Landschaft ist von der Masurischen Seenplatte und
ausgedehnten Wäldern geprägt.
Geschichte
Vom 14. Jahrhundert bis 1945
Die Stadt wurde am 31. Oktober 1353 unter dem Namen Allensteyn am Fluss Alne/Alle
(prussisch alna: fließen) im preußischen Ermland vom ermländischen
Domkapitel auf dessen Gebiet gegründet. Zum ersten Schultheißen der Stadt
wurde Johannes von Leysen bestellt. Die Stadtgründung erfolgte im Schutz
einer bereits im Aufbau (erste Bauetappe 1346 bis 1353) befindlichen Burg
des Domkapitels.
Die Allensteiner Burg war Sitz eines Verwalters des ermländischen
Domkapitels und Hauptort eines der drei Kammerämter, die dem Kapitel
unterstanden und zusammen mit den bischöflichen Kammerämtern das Hochstift
Ermland bildeten, das als weltliches Herrschaftsgebiet dem Bischof und dem
Kapitel bei der Gründung der vier preußischen Bistümer 1245 zugestanden
wurde.
Im Jahr 1455 wurde Schloss Allenstein von dem Söldnerhauptmann Ritter Georg
von Schlieben eingenommen.
In den Jahren 1516 bis 1519 bekleidete das Amt des Administrators der Neffe
und Pflegesohn des ermländischen Bischofs Lucas Watzenrode, der als Astronom
bekanntgewordene ermländische Domherr Nikolaus Kopernikus. Kopernikus wohnte
während dieser Zeit auf der Burg Allenstein. Als Zeugnis erhielt sich dort
bis heute eine auf dem Putz des Kreuzgangs der Burg gemalte astronomische
Tafel zur Berechnung des Aequinoctiums. Zur Zeit des Krieges zwischen Polen
und dem letzten Deutschordenshochmeister in Preußen Albrecht von
Hohenzollern ging er nach Frauenburg zurück, wurde aber im Herbst des Jahres
1520 wieder nach Allenstein berufen. Der Archdiakon Bernhard Sculteti
unterstützte Kopernikus mit Geschützen und Proviant, damit Schloss
Allenstein in voller Unabhängigkeit von Polen selbständig behauptet werden
konnte. Es wurde auch nicht angegriffen und ein Waffenstillstand wurde am 7.
April 1521 geschlossen. Aufgrund seiner erfolgreichen Verteidigung wurde
Kopernikus zum Kommissar des Ermlands ernannt und mit dem Wiederaufbau
beauftragt. Tiedemann Giese, der spätere Bischof von Ermland, war sein
Assistent.
Im Rahmen der Ersten Polnischen Teilung von 1772 kam die Stadt als Teil des
Ermlandes zum Königreich Preußen. Neben Königsberg und Gumbinnen wurde
Allenstein 1905 Sitz des dritten ostpreußischen Regierungsbezirks. Von 1818
bis 1910 gehörte sie dem Landkreis Allenstein an und wurde dann kreisfreie
Stadt im Regierungsbezirk Allenstein.
Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Allenstein eine evangelische Kirche,
zwei katholische Kirchen, eine Synagoge, ein altes Schloss, ein Gymnasium,
eine Realschule und verschiedene Produktions- und Fabrikationsbetriebe.
Der Friedensvertrag von Versailles bestimmte nach dem Ersten Weltkrieg die
Durchführung einer Volksabstimmung im Abstimmungsgebiet Allenstein über den
Verbleib bei Deutschland oder einen Anschluss an Polen. In der Stadt
Allenstein entfielen 16.740 Stimmen auf Ostpreussen und damit Deutschland,
340 auf Polen.
Die jüdische Gemeinde Allensteins wurde in der Zeit des Nationalsozialismus
aufgrund von Emigration und Deportationen in die Vernichtungslager ab 1942
ausgelöscht, die Synagoge bereits 1938 niedergebrannt. Das letzte nicht
zerstörte architektonische Zeugnis jüdischen Lebens in Allenstein ist das
Taharahaus Bet Tahara.
1945 und danach
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Stadt im Januar 1945
Kriegsschauplatz. Die Zivilbevölkerung wurde bis kurz vor Einmarsch der
Roten Armee zum Durchhalten aufgefordert. Der Landrat Horst-Günter Benkmann
rief aber eigenverantwortlich rechtzeitig zur Flucht auf und rettete so
tausenden Ostpreußen das Leben. Am 22. Januar 1945 wurde die Stadt von
sowjetischen Truppen eingenommen. Dabei kam es zu Ausschreitungen
sowjetischer Soldaten gegenüber der Zivilbevölkerung. Laut
Augenzeugenberichten begingen Rotarmisten der 5. und 6. Division des 3.
Kavallerie-Garde-Korps Gewaltexzesse und ermordeten in der zum Feldlazarett
umfunktionierten Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Kortau alle
Lazarett-Patienten und das Personal. Dort wurden bei Bauarbeiten in den
1950er Jahren mehrere kleinere und größere Massengräber entdeckt; eines von
ihnen barg 227 Leichen. Bis März 1945 wurden in Allenstein durch
Brandstiftung 1040 Häuser zerstört.
Bald nach der Besetzung durch die Sowjetarmee wurde Allenstein zusammen mit
der südlichen Hälfte Ostpreußens unter polnische Verwaltung gestellt. Viele
polnische und ukrainische Zivilisten wanderten zu, anfangs vorwiegend aus
den im Rahmen der Westverschiebung Polens von der Sowjetunion annektierten
Gebieten östlich der Curzon-Linie. Der polnische Ortsname Olsztyn wurde
offiziell. Soweit die deutschen Einwohner nicht geflohen waren, wurden sie
in der darauf folgenden Zeit größtenteils vertrieben.
Die letzten Einheiten der Sowjetarmee verließen die Stadt im Jahre 1956.
Mit der Regionalisierung Polens entstand 1999 die Woiwodschaft
Ermland-Masuren mit Regierungssitz in Olsztyn. Im gleichen Jahr wurde hier
die Universität Ermland-Masuren gegründet. Die Stadt wurde Sitz des
Erzbistums Ermland der polnischen Katholischen Kirche sowie der Diözese
Masuren der polnischen Evangelisch-Augsburgischen Kirche. Mit rund 175.000
Einwohnern und ca. 270.000 in der Agglomeration ist die Stadt auch die
größte der Woiwodschaft.
Im Zuge der Demokratisierung wurde die Allensteiner Gesellschaft der
deutschen Minderheit als Vertretung der in der Stadt ansässigen Deutschen
gegründet. Dieser gehörten im Juni 2007 3.280 Menschen an, jedoch
bezeichneten sich in der polnischen Volkszählung 2002 in der Stadt Olsztyn
nur 431 als Deutsche.
Städtepartnerschaften
Die Stadt Gelsenkirchen übernahm 1952 eine Patenschaft für ehemalige
Allensteiner (bis 1945), die in der Bundesrepublik Deutschland leben. 1992
ging aus dieser Patenschaft eine Partnerschaft mit der Stadt Olsztyn hervor.
Insgesamt listet Olsztyn aktuell folgende elf Partnerstädte auf:
Wirtschaft und Infrastruktur
Wirtschaftlich bedeutend ist vor allem die zu Michelin gehörende
Reifenfabrik (früher „Stomil“), die größte ihrer Art in Polen, sowie die
holzverarbeitende Industrie. Zunehmend profitiert die Stadt aber auch vom
Fremdenverkehr, der sich zu einem neuen Wirtschaftszweig entwickelte. Eine
gute Anbindung z. B. nach Berlin und Krakau besteht über den Mitte Januar
2016 eröffneten Flughafen Allenstein-Masuren (Olsztyn-Mazury) – zwischen
Olsztyn und Airport besteht S-Bahn-Anschluss in etwa 40 Minuten, aber auch
durch die Express-Busverbindungen zwischen vielen großen Städten wie
Warschau, Danzig, Berlin oder Kaliningrad. Olsztyn ist Sitz verschiedener
kultureller und wissenschaftlicher Einrichtungen, wie des deutsch-polnischen
Verbandes Borussia. In Olsztyn gibt es auch eine Lebensmittelproduktion wie
von Honig oder gefrorenen Produkten von Chłodnia Olsztyńska. Die Stadt ist
Sitz des Geflügelwarenherstellers Indykpol.
Verkehr
In der Stadt kreuzen sich die Fernstraßen DK16, DK51 und DK53.
Mit der 1873 erfolgten Anbindung an die Preußische Ostbahn wurde für
Allenstein in der Folgezeit ein Anschluss an eine wichtige
Fernverkehrszuglinie ermöglicht, welche von Berlin über Küstrin,
Schneidemühl, Bromberg, Thorn, Allenstein, Korschen, Insterburg, Tilsit nach
Memel führte.
Von der bis Korsze elektrifizierten, zweigleisigen Hauptstrecke Toruń–Tschernjachowsk
(Thorn–Insterburg), einer 1873 errichteten Zweigstrecke der ehemaligen
Preußischen Ostbahn, zweigen hier nach Südosten die Bahnstrecke Olsztyn–Ełk
sowie nach Nordwesten die Bahnstrecke Bogaczewo–Olsztyn ab, die Teile der
Querverbindung Danzig–Marienburg–Allenstein–Lyck bilden. Nach Süden verläuft
die Bahnstrecke Działdowo–Olsztyn. Die Stadt hat einen Hauptbahnhof (Olsztyn
Główny) und einen weiteren Bahnhof Olsztyn Zachodni am Altstadtzentrum.
In der Stadt verkehrte von 1907 bis 1965 eine elektrische Straßenbahn, die
von 1939 bis 1971 durch einen Obusbetrieb ergänzt wurde. 2011 wurde ein
Bauvertrag für die Wiedereinführung der Straßenbahn unterschrieben. Es
sollten drei Streckenäste mit einer Gesamtlänge von 11,5 km und 19
Haltestellen erstellt werden. Die Strecken verbinden den Bahnhof, die
Altstadt und die Universität. 15 Tramino-Niederflurstraßenbahnen wurden
bestellt, 2014 sollten die Strecken eröffnet werden. Die Eröffnung erfolgte
am 19. Dezember 2015.
Der Flughafen Olsztyn-Mazury liegt rund 60 Kilometer südöstlich. Im Ortsteil
Dajtki (deutsch Deuthen) besteht der Landeplatz Olsztyn-Dajtki. Der
ehemalige Flughafen Allenstein/Deuthen wurde zwischen 1. Juni 1926 und
Oktober 1927 im Liniendienst von der Lufthansafluglinie Marienburg–Elbing–Allenstein
bedient. Der Linienflug endete mit der Einstellung der Subventionen durch
den Staat. Mit dem Flughafen war Alleinstein an das deutsche Flugpostnetz
angeschlossen. Im Zweiten Weltkrieg diente der Flugplatz als
Etappenflugplatz und zur Pilotenausbildung.
Es bestehen Überlegungen, diesen Landeplatz als Flughafen für Olsztyn
auszubauen. Der 1913 errichtete Landeplatz hat eine Landebahn mit 805 Metern
Länge und wird für Sportflugzeuge benutzt. Daneben gibt es noch den
ehemaligen Militärflugplatz Grieslienen, der 1945 zwei befestigte Start- und
Landebahnen mit 1100 und 900 Metern besaß und ebenfalls für eine
Reaktivierung im Gespräch ist.
vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Olsztyn
|
|