Von der Ostsee nach Masuren und Schlesien
28. Mai - 23. Juni 2019
Rößel
Rößel, poln. Reszel, ist eine Kleinstadt im Norden der polnischen
Woiwodschaft Ermland-Masuren und Sitz der Stadt- und Landgemeinde Reszel.
Geografische Lage
Die Stadt liegt in der historischen Region Ostpreußen, am Nordhang des
Baltischen Höhenrückens am Übergang zur Schippenbeiler Tiefebene, nicht weit
von den sich östlich erstreckenden Großen Masurischen Seen, etwa 55
Kilometer nordöstlich von Allenstein (polnisch Olsztyn).
Das Stadtgebiet befindet sich über den Steilhängen des Ufers der Zaine
(polnisch Sajna), einem kleinen Fluss, der in nordwestlicher Richtung an der
Stadt vorbeifließt. Im Ort treffen mehrere untergeordnete Landstraßen
zusammen, die entweder zur etwa 20 Kilometer westlich verlaufenden
Landesstraße 57 (Bartoszyce (Bartenstein) – Szczytno (Ortelsburg)) oder zu
den Nachbarorten Korsze (Korschen), Kętrzyn (Rastenburg) und Biskupiec
(Bischofsburg) führen.
Die Stadt Reszel (Rößel)
Geschichte
Stadtgeschichte
Rößel (Rössel) nordöstlich von Allenstein und westlich von Rastenburg auf
einer Landkarte von 1908.
1241 wurde an der Stelle der heutigen Stadt, deren Name pruzzischer Herkunft
ist, eine hölzerne Wehranlage der Ritter des Deutschen Ordens errichtet, die
den wichtigen Handelsweg vom Frischen Haff über Heilsberg nach Polen
schützen sollte. Während der Pruzzenaufstände wurde die Anlage in den Jahren
1242 und 1262 zerstört. Nach der Niederschlagung der Aufstände wurde 1273
eine feste Burg errichtet, die danach dem ermländischen Fürstbischof als
Stützpunkt diente. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann unter der Leitung
des Lokators Elerus von Braunsberg die Besiedlung des Burgvorlandes,
hauptsächlich durch Braunsberger Einwohner. 1337 hatte sich die Ansiedlung
so gefestigt, dass ihr unter dem Namen Rößel das Stadtrecht verliehen werden
konnte. Die Burg wurde 1347 von den litauischen Großfürsten eingenommen und
erneut zerstört. Unter den Bischöfen Johann von Meißen und Johann Stryprock
wurde in den Jahren von 1350 bis etwa 1371 eine neue, heute noch vorhandene
Burganlage errichtet.
1347 hatten sich Augustinermönche niedergelassen, die in der Nähe der Burg
ein kleines Kloster und die Johanniskirche errichteten. 1353 ging die Stadt
in das Eigentum der Bischöfe von Ermland über. Von 1373 bis 1401 wurde eine
Stadtmauer mit Wehrtürmen errichtet. Am südlichen Rand der Stadt entstand in
den Jahren von 1360 bis 1381 eine dreischiffige Hallenkirche, die heutige
Pfarrkirche St. Peter und Paul. 1440 wurde die Stadt an den Deutschen Orden
verpfändet. 66 Jahre später befand sich Rößel wieder unter ermländischer
Obrigkeit und kam damit zu Polen, zum so genannten „Königlichen Preußen“.
1520 übergab Sigismund I. die Burg an tschechische Söldner, die von dort aus
die Umgebung plünderten. Während des „Reiterkrieges“, der letzten
militärischen Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Orden und Polen, war
Rößel von 1520 bis 1521 ein polnischer Militärstützpunkt, von welchem aus
Angriffe gestartet wurden.
Während des 16. Jahrhunderts entwickelte sich in Rößel das Handwerk. Vor
allem Rüstungen und Waffen wurden hergestellt. Später kamen Kunsttischler
und Goldschmiede hinzu, deren Fertigkeiten über die Stadt hinaus geschätzt
wurden. 1632 übernahmen Jesuiten das seit über hundert Jahren verlassene
Augustinerkloster und richteten dort ein Kolleg ein, das in den ersten
Jahren 15 Schüler kostenlos unterrichtete. Aus ihm entwickelte sich später
ein staatliches Gymnasium. 1656 und 1704 wurde Rößel von den Schweden
besetzt und war 1772 mit etwa 3030 Einwohnern nach Braunsberg und Heilsberg
(polnisch Lidzbark) die drittgrößte Stadt im Ermland, noch größer als
Allenstein (1770 Einwohner). Im selben Jahr kam Rößel im Ergebnis der ersten
Teilung Polens zusammen mit dem gesamten Fürstbistum Ermland zum preußischen
Staat. Die vom Bistum aufgegebene Burg wurde 1780 zu einem Zuchthaus
umgebaut.
Am 27. und 28. Mai 1806 wurde die Stadt durch einen großen Brand zerstört,
in dessen Folge sie fast ganz neu aufgebaut werden musste. Erst 1816 waren
das Rathaus und 1817 die Pfarrkirche wiederhergestellt. Die ebenfalls
zerstörte Burg überließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. der
evangelischen Gemeinde, die sich dort nach Plänen von Karl Friedrich
Schinkel eine Kirche und Wohnungen für Pfarrer und Kantor errichtete.
Insgesamt dauerte der Wiederaufbau der Stadt bis 1840. Den Brand lastete man
ungerechtfertigterweise der Magd Barbara Zdunk an, die ihn durch Zauberkraft
entfacht haben sollte. Von 1818 bis 1862 befand sich das Landratsamt des
Kreises Rößel in der Stadt, danach wurde es nach Bischofsburg verlegt, da
der neue Landrat sein Gut in dessen Nähe hatte. Im Rahmen des um 1850
beginnenden Ausbaus des Straßennetzes in der Region wurde Rößel an die
spätere Reichsstraße 141 angeschlossen, die sie mit Rastenburg und
Bischofsburg verband.
Das Wirtschaftsleben wurde durch Webkammherstellung, Landmaschinenbau, durch
eine Eisengießerei und zwei Mühlen geprägt. Erst 1908 wurde Rößel als
zweitletzte Stadt Ostpreußens durch die Bahnlinie Heilsberg—Rastenburg an
das Schienennetz angeschlossen. Während des Ersten Weltkrieges hatten
Hindenburg und Ludendorff vom 7. bis 11. September 1914 ihr
Generalstabsquartier in der Taubstummenanstalt von Rößel eingerichtet und
leiteten von dort aus die Schlacht an den masurischen Seen.
Nach dem Ersten Weltkrieg fand aufgrund der Bestimmungen des Versailler
Vertrags am 11. Juli 1920 in der Stadt eine Volksabstimmung über die
zukünftige staatliche Zugehörigkeit Rößels statt. Zur Wahl standen der
Verbleib in Deutschland oder der Anschluss an Polen. In Rößel, das zum
Abstimmungsgebiet Allenstein gehörte, stimmten 3260 Einwohner für
Ostpreußen, auf Polen entfiel keine Stimme. Im Landkreis stimmten 97,90 %
der Bevölkerung für den Verbleib bei Deutschland.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte am 29. Januar 1945 die Rote Armee
Rößel ohne größere Kampfhandlungen. Da die Einwohner nicht evakuiert worden
waren, wurden viele von ihnen Opfer gewalttätiger Übergriffe durch die
sowjetischen Soldaten. Der Stadt blieb im Gegensatz zu den meisten anderen
Städten in Ostpreußen eine flächendeckende Zerstörung erspart. Bald nach der
Übernahme durch die Rote Armee wurde die Stadt unter polnische Verwaltung
gestellt. Es begann danach der Zuzug polnischer Zivilisten. Soweit die
deutschen Einwohner nicht geflohen waren, wurden sie mit Ausnahme des
Krankenhauspersonals bereits am 10. Februar 1945 größtenteils aus der Stadt
vertrieben.
Von 1945 bis 1975 war Reszel Sitz eines Kreises (1948: 2135 Einwohner),
danach Stadtgemeinde in der Wojewodschaft Olsztyn, und gehört jetzt zum
Powiat Kętrzyński (Kreis Rastenburg). Etwa 250 Einwohner gehören dem Verband
der deutschen Minderheit an.
Kirche
Bereits in der Ordenszeit wurde – etwa um 1331 – in Rößel eine Kirche
gegründet. Im Jahre 1337 wurde die Kirche in der Stadthandfeste mit sechs
Hufen als Dotation bedacht.
Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul
Das noch in der Ordenszeit errichtete Kirchengebäude am südlichen Rand der
Altstadt errichtete man zwischen 1360 und 1381 als dreischiffige
Hallenkirche. Nach einem Brand 1474 entstand 1475 der gestaffelte Ostgiebel,
und im Innern schuf Niclis Scheunemann 1475/76 die Sterngewölbe. Eine
Umgestaltung der Kirche mit Erneuerung und Erhöhung des Turms fand 1484 bis
1503 statt. Am 3. April 1580 weihte der Fürstbischof von Ermland, Martin
Cromer, die Kirche zu Ehren der Gottesmutter und der Apostel Petrus und
Paulus. 1760/1765 fertigte der Orgelbauer Adam Gottlob Casparini (1715–1788)
die Orgel an. Bei einer Feuersbrunst brannte 1806 die Kirche zum großen Teil
aus, der Wiederaufbau erfolgte bis 1817, die Weihe nahm Weihbischof Andreas
Stanislaus von Hatten vor. 1837 erhielt der Turm eine Laterne.
Nach dem großen Brand erhielt die Kirche eine Erneuerung der Ausstattung im
Stil der Zeit. Es entstand der Hochaltar von Wilhelm Biereichel (1820–1822)
mit Bildern und Figuren aus dem Jahr 1821 u. a. von Anton Johann Blank,
Isaak Riga und Christoph Peucker, und neben einem Taufbecken von Biereichel
zwei barocke Beichtstühle sowie klassizistisches Gestühl.
vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reszel
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