Von der Ostsee nach Masuren und Schlesien
28. Mai - 23. Juni 2019
Der Oberländische
Kanal und seine 5 Rollberge
Der Oberländische Kanal, auch Oberlandkanal, Kanal Elbing-Osterode oder
Elbing-Oberländischer Kanal(polnisch Kanał Elbląski) genannt, befindet sich
im Oberland der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren. Er wurde von 1844
bis 1860 unter der Leitung des königlich preußischen Baurats Georg Steenke
aus Königsberg (Preußen) erbaut. Mitarbeiter beim Bau des Oberländischen
Kanals waren die Ingenieure Wilhelm Severin und Carl Lentze, der
hauptsächlich als Konstrukteur der Weichselbrücke in Dirschau bekannt wurde
und später beim Bau des Sueskanals mitwirkte.
Der Oberländische Kanal verbindet mehrere Seen wie den Geserichsee und
Städte in Ostpreußen von Iława (deutsch: Deutsch Eylau) über Ostróda
(Osterode) bis Elbląg (Elbing) zum Frischen Haff. Die Länge des Kanals
beträgt 129,8 km bis Iława, wobei der Abschnitt Elbląg–Ostróda, mit dem der
Kanal zumeist identifiziert wird, 82 km lang ist.
Als Besonderheit und heutige Touristenattraktion gelten die fünf Rollberge,
auf denen die Schiffe zur Bewältigung des Höhenunterschieds von 99 Metern
auf Schienenwagen über Land transportiert werden. Sie sind als
Standseilbahnen ausgelegt, die von Wasserrädern angetrieben werden. Das
Kanalsystem gilt als technisches Denkmal und steht unter Denkmalschutz.
Baugeschichte
Bereits 1789 entstand ein Plan, das ostpreußische Oberland wegen seines
reichen Holzvorkommens auf einer kürzeren Schiffsroute mit der Ostseeküste
zu verbinden. Der Holztransport auf dem Schiffweg über die Drewenz nach
Thorn, über die Weichsel, die Nogat und den Kraffohlkanal zum Frischen Haff
dauerte mehr als sechs Monate und war deshalb unrentabel. 1803 stellte der
Landesbaurat Eytwelin das Projekt eines Kanals mit der Umgehung von Thorn
vor, dessen Bau jedoch nicht realisiert wurde. 1825 wurde das Projekt erneut
aufgegriffen und der Bau vom preußischen Landesparlament beschlossen.
Zunächst war der Ingenieur Severin aus Marienwerder als Bauleiter
vorgesehen, der aber bereits in der Planungsphase scheiterte.
Denkmal für Georg Steenke am Oberländischen Kanal, Inschrift: Dem Erbauer
des Oberländischen Canals und der geneigten Ebenen, dem königl. Baurath
Steenke, zum fünfzigjährigen Dienstjubiläum, dem 15. Juli 1872, in dauernder
Anerkennung. Die dankbaren Landwirthe
(vgl. Von Boerkevitz,
CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1861806)
1836 begann die konkrete Planung durch Georg Steenke, unter dessen Leitung
bereits 1833 der Seckenburger Kanal in der Memelniederung erbaut worden war.
Mitarbeiter waren die Ingenieure Severin und Carl Lentze, der hauptsächlich
als Konstrukteur der Weichselbrücke in Dirschau bekannt wurde und später
beim Bau des Sueskanals mitwirkte. Steenke legte zunächst den Kanalweg fest
und erwog erste hydrotechnische Lösungen. In den Bereich der Legende gehört
jedoch, dass er dem damaligen preußischen König Friedrich Wilhelm III. schon
in diesem Jahr vorschlug, zur Überbrückung des Höhenunterschiedes von fast
100 m auf der 9 km langen Kanalstrecke von Buchwalde (Buczyniec) nach
Kussfeld (Całuny) eine Schifffahrt über Berge mit geneigten Ebenen
einzurichten. Stattdessen hatte Steenke zunächst 20 Kammerschleusen
vorgesehen, was jedoch zu kostspielig war und eine effektivere Lösung
erforderte. Aus diesem Grund unternahm er verschiedene Reisen, darunter nach
Belgien, Holland und Bayern, um die neuesten hydrotechnischen Anlagen zu
begutachten.
Nach dem Baubeginn wurden in der Zeit von 1844 bis 1850 bereits fünf
Kammerschleusen südlich vom Drausensee fertiggestellt. 1850 machte Steenke
eine Reise in die USA, um die hydrotechnischen Anlagen auf dem Morriskanal
in New Jersey zu inspizieren, wo außer Kammerschleusen 23 geneigte Ebenen
mit Wagen, auf denen die Schiffe transportiert wurden, eingerichtet waren.
Steenke hielt diese Lösung für zu wenig effektiv und konstruierte
stattdessen mit seinen Mitarbeitern Severin und Lentze Ebenen mit Gipfeln,
die die Kammerschleusen unnötig machten und eine technische Innovation
bedeuteten. Der Bau der vier geneigten Ebenen in Buchwalde, Kanthen,
Schönfeld und Hirschfeld war 1860 abgeschlossen, sodass der Kanal am 31.
August 1860 offiziell eingeweiht und befahren werden konnte, trotz des
Widerstands von Steenke, der die bisherigen fünf Kammerschleusen im Bereich
zwischen Kussfeld und dem Drausensee durch eine weitere geneigte Ebene
ersetzen wollte. Erst in der Zeit von 1874 bis 1881 entstand die fünfte
geneigte Ebene in Kussfeld, die mit einer moderneren Wasserturbine
angetrieben wurde.
In der Zeit von 1921 bis 1931 erfolgte eine Modernisierung des Kanals, indem
die Schleusen, Wehre und Sicherheitstore umgebaut wurden und die
Holzkonstruktionen in den Schleusen durch Beton ersetzt wurden.
Die geneigten Ebenen
Neben zwei herkömmlichen Abstiegsbauwerken mit Schleusen dienen auf einer
Teilstrecke von 9,5 km fünf Rollberge zur Überwindung des Höhenunterschiedes
von 99,5 m ü. NN auf 0,3 m ü. NN. Jeder Rollberg ist mit einer Standseilbahn
ausgerüstet, welche die Schiffe mit Hilfe von Schienenwagen zum nächsten
Kanalabschnitt befördert. Die Standseilbahnen sind jeweils mit einem
Maschinenhaus ausgerüstet, in dem die Fördermaschine steht. Der Antrieb der
Seiltrommel erfolgt über ein Untersetzungsgetriebe durch ein
unterschlächtiges Wasserrad. Der später erbaute Rollberg von Całony Nowe
(Neu-Kussfeld) verfügt über einen elektrischen Antrieb, dessen Energie von
einer Wasserturbine geliefert wird.
Um die Schiffsrümpfe beim Ein- und Ausfahren in das Wasser nicht zu stark
auf Biegung zu beanspruchen, werden die Förderwagen in diesen Abschnitten
trotz der Gleisneigung waagerecht gehalten. Dafür sind die Laufräder mit je
zwei Laufflächen ausgerüstet. Bei den bergseitigen Rädern laufen die
inneren, bei den talseitigen die äußeren Laufflächen auf den Fahrschienen.
Wo die Wagen in die Kanalhaltungen einfahren, sind zusätzliche Hilfsschienen
in abweichender Höhe verlegt. Auf diese laufen die jeweils auf der Strecke
ungenutzten Radlaufflächen auf. Der Höhenunterschied der Haupt- und
Hilfsschienen richtet die Wagen in den Kanalhaltungen waagerecht aus.
Wirtschaftliche Bedeutung des Kanals
Auslastung
Mit dem Bau des Oberländischen Kanals war ein schnellerer und rentablerer
Transport der zum Export bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnisse des
Oberlandes verbunden, wie Holz, Tierfelle und Langholzkiefern aus Taberbrück
(Tabórz), die als Masten im Schiffbau gefragt waren. Nach Inbetriebnahme des
Kanals im Jahr 1860 passierten täglich etwa zwölf bis zwanzig Schiffe den
Kanal. Steenke notierte 1862 in seinem Tagebuch, dass es an einem Tag sogar
57 Schiffe waren. Seit dem Bau einer Eisenbahnlinie erfolgte ab 1893 ein
allmählicher Rückgang in der Auslastung. Während 1913 noch Waren im Gewicht
von 107.486 Tonnen über den Kanal transportiert wurden, waren es 1920 nur
noch 69.481 Tonnen, 1925 34.951 Tonnen, während das Transportvolumen 1927
wieder auf 49.778 Tonnen anstieg.
Tourismus
Der Kanal wurde schon bald nach der Inbetriebnahme wegen seiner technischen
Besonderheiten und der idyllischen Landschaft ein Ausflugsziel. Bereits
1864, noch vor dem Bau der fünften geneigten Ebene, bereiste Bernhard Olbert
aus heimatkundlichem Interesse den Kanal und publizierte eine Beschreibung
seiner Reise.
1901 beschrieb Robert Dorr in einem Reiseführer über die Region um Elbing
die Anfänge der Touristik, wobei die Reisenden zunächst als Passagiere auf
den Lastschiffen mitfuhren:
„… Diese auf dem Kanal schwimmenden Dampfschiffe gehören der Firma A. Zedler.
Es ist vorteilhaft, wenn man vorher genau nachfragt, und auch den Kapitän
des auserwählten Schiffes bittet, dass er die nötigen Lebensmittel und
Getränke für die Passagiere mitnimmt, denn die Schiffe dienen dem Transport
von Waren. Später beginnen wir die Reise um 5 Uhr Morgens, beispielsweise
mit dem Dampfschiff Bertha fahrend, anfangs auf dem Elbingfluss und dann
über den ganzen Drausensee. Noch weiter geht das Fahrwasser in einen Kanal
über, der an einer Seite einen Weg zum Schleppen besitzt, verlaufend auf dem
Wall mit Weiden. Hinter den Wällen erstrecken sich weite Schilf- und
Binsenflächen. Eine solche Landschaft reicht bis Kleppe, wo die erste
geneigte Ebene in Neu Kussfeld auftaucht. Dann kommen die nächsten geneigten
Ebenen, von den Einheimischen Berge auf Rädern genannt, in Hirschen,
Schönfeld, Kanthen und Buchwalde.“
Erst 1912 begann die professionelle Touristik mit Ausflugsschiffen der
Reederei Adolf Tetzlaff aus Osterode. Während der Kanal anfangs vor allem
für Schul- und Betriebsausflüge unter heimatkundlichem oder technischem
Aspekt genutzt wurde, kamen immer mehr Individualreisende hinzu, sodass der
touristische Anreiz durch den Bau von Gasthäusern und organisierte Reisen
mit Ausflügen in die Umgebung gesteigert wurde. Das Touristikgeschäft erwies
sich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg als lukrativ, sodass die Flotte
der Ausflugsschiffe erweitert wurde. Beispielsweise konnte die 1927 in
Betrieb genommene MS Konsul mit einer Länge von 30 m und einer Breite von
4,25 m 185 Personen aufnehmen und erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von
25 km/h. Bereits 1920 entstand ein Konkurrenzunternehmen, die Reederei
Munter aus Saalfeld.
Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurde die Schifffahrt auf dem Kanal
eingestellt. 1948 wurde sie aber auf Betreiben des Reeders Tetzlaff
(1888–1952) wieder aufgenommen, nachdem eine Eisenbahnreparaturwerkstatt als
Ersatz für das zerstörte Antriebsrad der geneigten Ebene in Buchwalde ein
neues hergestellt hatte. Trotzdem wurde dem Tourismus auf dem Kanal in den
Folgejahren nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Situation änderte sich
erst ab 1992, als die Stadt Ostróda den Betrieb des Kanals und den Schutz
des Ökosystems in der Kanalumgebung übernahm.
Der Kanal wird wieder fahrplanmäßig von Ausflugsschiffen befahren, wobei
insbesondere die geneigten Ebenen eine Touristenattraktion sind und jährlich
von mehr als 30.000 Passagieren (Stand um 1999) mit seitdem zunehmender
Tendenz überquert werden. Der Betrieb ruht im Winterhalbjahr ab Ende
September bis zum 1. Mai.
Wegen Renovierung konnte der Kanal 2013 und 2014 nur auf Teilstrecken
befahren werden.
vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Oberlaendischer_Kanal
|
|
 |
Vgl. Von Telewizjamsi - Eigenes Werk,
Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4242868 |
|
 |
|
 |
Die afrikanische Schweinepest fordert
auch hier ihre Opfer |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
 |
|
|