Von der Ostsee nach Masuren und Schlesien
28. Mai - 23. Juni 2019
Führerhauptquartier Wolfsschanze
Wolfsschanze (poln. Wilczy Szaniec) war der Tarnname für ein militärisches
Lagezentrum des Führungsstabes der deutschen Wehrmacht und eines der
Führerhauptquartiere während des Zweiten Weltkrieges in der Nähe von
Rastenburg (heute Kętrzyn) beim Dorf Görlitz (Gierłoż) in Ostpreußen, im
heutigen Polen.
Bunkersystem in Ostpreußen
Die Wolfsschanze war Teil eines Bunkersystems und von Quartieren, in denen
Gefechtsstände für Stäbe der meisten deutschen Truppengattungen
untergebracht waren. Im 20 km entfernten OKH Mauerwald (Mamerki) hatten von
1941 bis 1944 das Hauptquartier des Oberkommandos des Heeres (OKH) und das
Quartier des Heereshauptversorgungsdienstes ihren Sitz. In der Nähe von
Possessern (Pozezdrze) entstanden die verbunkerte Feldkommandostelle
Hochwald für Heinrich Himmler, in Breitenheide (Szeroki Bór) das
Göring-Quartier, in Goldap das Quartier und die Versuchsanstalt der
Luftwaffe (Deckname Robinson), in Rosengarten (Radzieje) das Quartier des
Reichskanzleichefs, in Nikolaiken die Abwehrzentrale, in Lötzen (Giżycko) in
der Feste Boyen die Abwehrabteilung Fremde Heere Ost, die unter der Leitung
von Reinhard Gehlen Informationen von den sowjetischen Gefangenen gewann.
Außerdem hatte Außenminister Joachim von Ribbentrop im Schloss der Familie
Lehndorff in Steinort (Sztynort) und am Schwenzaitsee (Jezioro Święcajty)
Residenzen. Göring verfügte über ein Anwesen in der Rominter Heide, den
Reichsjägerhof Rominten.
Name
Den Decknamen gab Adolf Hitler der Anlage selbst, angelehnt an das von ihm
verwendete Pseudonym „Wolf“, das auf die Bedeutung seines Vornamens Adolf
zurückzuführen ist und das er hauptsächlich in seiner privaten Korrespondenz
der 1920er Jahre verwendet hatte. Ein weiterer Tarnname des
Führerhauptquartiers Ost war „Görlitz“.
Geschichte
Die Wolfsschanze wurde ab 1940 durch die Organisation Todt oberirdisch
errichtet. Zum Schutz gegen Luftaufklärung lag sie in einem dichten Wald
unter nichtbrennbaren Tarnnetzen und war mit einem tarnenden Mörtel
versehen. Zahlreiche Flakstellungen sicherten gegen Luftangriffe. Insgesamt
wurden auf dem Gebiet zwischen 1940 und 1944 ca. 100 verschiedene Objekte
und Gebäude errichtet. Die Baustelle hatte den Tarnnamen „Chemische Werke
Askania“. Seit 1941, mit Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion
(Unternehmen Barbarossa), war die Wolfsschanze der Hauptaufenthaltsort von
Hitler.
Die Anlage umfasste insgesamt ca. 40 Wohn-, Wirtschafts- und
Verwaltungsgebäude sowie sieben massive und 40 leichte Stahlbetonbunker. Die
Decken der Bunker waren sechs bis acht Meter dick. Die Anlage verfügte über
einen Bahnanschluss und besaß einen eigenen Flugplatz. Sie war von einem 50
bis 150 Meter breiten Minengürtel und einem 10 km langen Stacheldrahtzaun
umgeben. Es bestand ständige Funk- und Telefonverbindung nach Berlin und zu
allen Frontabschnitten.
Hitler befand sich im Bunker Nr. 13 der spartanisch ausgelegten Anlage, im
streng gesicherten Sperrkreis 1. Dort hielten sich neben den Kommandeuren
der Wehrmacht auch hochrangige Vertreter der NSDAP auf. Insgesamt
existierten drei Sperrkreise, für die man jeweils Passierscheine benötigte.
Im Sperrkreis 2 befanden sich die aus Holzbaracken bestehenden Unterkünfte
des „Führer-Begleit-Bataillons“. Im Führerhauptquartier hielten sich
insgesamt über 2100 Offiziere, Soldaten und Zivilpersonen dauerhaft auf.
Die Sicherung jedoch war nicht streng genug, um das Sprengstoffattentat am
20. Juli 1944 auf Hitler zu verhindern, das Oberst Claus Schenk Graf von
Stauffenberg auf dem Gelände der Wolfsschanze während einer Lagebesprechung
verübte. So hatte der Wachoffizier des inneren Sperrkreises keine Befugnis
zu Durchsuchungen. Die Tore waren lediglich aus Holz, die Zäune aus
Maschendraht. Sofern Generäle passierten, wurde deren Begleitung ebenfalls
nicht weitergehend kontrolliert. Die Überwachung des
Führer-Begleit-Bataillons führten in der Regel Mitglieder der SS-Division
„Leibstandarte SS Adolf Hitler“ durch; im Verlauf des Krieges wurden hierfür
zunehmend Kriegsversehrte dieser Einheit herangezogen. Seit dem 20. Juni
1992 erinnert eine Gedenktafel in Form eines aufgeschlagenen Buches mit
geborstenem Rücken an das Attentat.
Gästebunker
Am 20. November 1944 verließ Hitler die Wolfsschanze endgültig, als die Rote
Armee weniger als hundert Kilometer entfernt stand. Die Bunker übernahm
danach der Stab der 4. Armee von General Friedrich Hoßbach.
Als am 24. Januar 1945 die Rote Armee anrückte, wurden alle Objekte von der
zurückweichenden Wehrmacht gesprengt. Es wird angenommen, dass für die
Sprengung einzelner Bunker bis zu 8 Tonnen Sprengstoff verwendet wurden. Von
1945 bis 1955 wurden hier ca. 54.000 Minen entschärft.
Die Reste sind seit 1959 eine Touristenattraktion in Masuren, die jährlich
zirka 200.000 Personen besuchen. Mit Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von
1,6 Mio Euro durch einen Privatinvestor im Jahr 2012 sollte die Besucherzahl
auf 240.000 gesteigert werden.
An einer seriösen Präsentation des Bunkergeländes mangelt es. Auch über die
Tatsache, dass die 57 ha der Wolfschanze als wichtiges Biotop nach der
Richtlinie des Europarates (92/43/EWG) klassifiziert sind, wird nur am Rande
informiert.
Lageplan der Anlage
Die Nummerierung auf diesem Plan entspricht nicht der Nummerierung der
Anlage, wie sie der Besucher heute vor Ort vorfindet.
Lageplan der Wolfsschanze:

[1]
01 |
Büro- und Wohngebäude der
Leibwache Hitlers |
02 |
Gebäude der Leibwache und des
Sicherheitsdienstes |
03 |
Notstromaggregat |
04 |
Bunker |
05 |
Gebäude des Reichspressechefs Otto
Dietrich |
06 |
Beratungsbaracke, Ort des nicht
geglückten Attentats auf Hitler vom 20. Juli 1944 |
07 |
Sicherheitsdienst |
08 |
Luftschutzraum für Gäste |
09 |
Leibwache |
10 |
Gebäude des stenografischen
Dienstes |
11 |
Sicherheitsdienst, erster
Leibwächter Hitlers Rattenhuber, Chef der Polizeiabteilung Högl,
Postgebäude |
12 |
Fernschreibdienst |
13 |
Garagen |
14 |
Fahrdienst |
15 |
Kino |
16 |
Heizungsgebäude |
17 |
Theo Morell, Bodenschatz, Hewel,
Voß, Wolff, Fegelein |
18 |
Vorratslager |
19 |
Gebäude von Martin Bormann,
persönlicher Sekretär Hitlers |
20 |
Luftschutzraum Bormanns und seines
persönlichen Umfelds |
21 |
Adjutantur Hitlers und der
Wehrmacht, Personalamt der Wehrmacht |
22 |
Casino II |
23 |
General Alfred Jodl, Chef des
Wehrmachtführungsstabes im Oberkommando der Wehrmacht |
24 |
Feuerlöschteich |
25 |
Dienstgebäude des
Außenministeriums |
26 |
Fritz Todt, nach seinem tödlichen
Unfall: Albert Speer |
27 |
Hotel der Leibwache |
28 |
allgemein zugänglicher
Luftschutzraum mit Flak und MG-Einheiten auf dem Dach |
29 |
Casino I |
30 |
Neue Teestube |
31 |
Generalfeldmarschall Wilhelm
Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht |
32 |
Alte Teestube |
33 |
Gebäude von Reichsmarschall
Hermann Göring, |
34 |
Luftschutzraum Görings mit Flak,
MG- und Reflektor-Einheiten |
35 |
Vertretung des Oberkommandos der
Luftwaffe |
36 |
Vertretung des Oberkommandos der
Kriegsmarine |
37 |
Hitlers Bunker mit Flak-Station |
38 |
Eisenbahnlinie Rastenburg (Kętrzyn)–Angerburg
(Węgorzewo) |
|
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