Bethlehem

 
 
 
Church of the Nativity (Bethlehem, 2008).jpg

 

 

 

 

 

 







Geburtskirche
in Bethlehem

Bethlehem ist eine Stadt im Westjordanland mit 29.930 Einwohnern. Die Stadt gehört zu den Palästinensischen Autonomiegebieten und grenzt im Norden an Jerusalem. Sie beheimatet zwei Universitäten. Zur Agglomeration Bethlehem gehören auch Beit Dschala und Beit Sahur; letzterer Ort hat wie Bethlehem biblische Bedeutung für die Israeliten, weil sie der Überlieferung nach der Geburtsort König Davids sein soll. Für die Christen in der ganzen Welt ist die Stadt von besonderer Bedeutung, weil sie der Überlieferung nach der Geburtsort Jesu sein soll, was historisch jedoch zweifelhaft ist. Bürgermeister der Stadt Bethlehem ist der arabische Christ Anton Salman.

Wortherkunft

Die Bedeutung des Namens Bethlehem ist bisher ungeklärt. Während beth das Wort für „Haus“ ist, steht im Hebräischen lechem für „Brot“, Speise oder Nahrung, im Arabischen dagegen für „Fleisch“, in manchen südarabischen Dialekten für „Fisch“. Die Wurzel bezeichnet somit ursprünglich das Grundnahrungsmittel. In den modernen Sprachen hat Bethlehem die Bedeutung von Haus des Brotes oder Haus des Fleisches.

Möglich ist aber auch eine Ableitung des zweiten Wortbestandteils mit dem semantischen Feld „kämpfen“; Bethlehem hätte dann die Bedeutung „Haus des Kampfes“. Weitere Deutungen beziehen das Götterpaar Lahmu/Lahamu in ihre Überlegungen ein, Bethlehem wäre demnach das „Haus der Gottheit L.“

Biblische Überlieferung

 

Altar über dem Stern von Bethlehem in der Geburtsgrotte Stern von Bethlehem in der Geburtsgrotte
Das Grab Rachels heute Hauptsitz des Gouvernements Bethlehem

 

Der Ort wird in der Bibel erstmals in Gen 35,19 EU erwähnt. Dort heißt es, dass Jakobs geliebte Frau Rahel „an der Straße nach Efrata, das jetzt Betlehem heißt“, begraben wurde (vgl. auch Gen 48,7). Nach der Eroberung Kanaans durch die israelitischen Stämme fiel das Städtchen dem Stamm Juda zu (Jos 15,59; 1Chr 4,22). Auch das Geschehen aus dem Buch Rut spielt sich zu einem großen Teil in Betlehem ab und sowohl Ruts erster Schwiegervater Elimelech wie auch ihr späterer Mann Boas (Ruth 2,4) kamen aus diesem Ort (Rut 1,1 EU). Ruth zieht mit ihrer ersten Schwiegermutter Noomi nach Bethlehem (Ruth 1,19.22), wo sie mit Boas eine Familie gründet (Ruth 4,11).

Betlehem war nach 1 Sam 16,1 EU der Herkunftsort Davids, wo auch der erwartete Messias als Nachkomme („Sohn“) Davids zur Welt kommen sollte (Mi 5,1 EU). In diesem Vers wird es als „Betlehem-Efrata“ bezeichnet, um es von einem anderen Ort mit Namen Betlehem zu unterscheiden, der im Stammesgebiet von Sebulon, ca. 11 km westnordwestlich von Nazareth, lag (Jos 19,15).

Weitere Belege im Tanach sind die folgenden:

  • Der Richter Ibzan (siebenjähriges Richteramt) stammt aus Bethlehem und ist dort begraben (Ri 12,8.10)
  • Ein junger Levit aus Bethlehem wird bei Micha als Priester eingestellt (Ri 17,7–13)
  • Eine erzürnte Nebenfrau eines Leviten in Ephraim läuft ihm davon zu ihrem Vater nach Bethlehem, woher sie stammt; der Levit zieht ihr hinterher und versöhnt sich mit ihr; auf ihrer Rückreise übernachten sie in Gibea, wo dem Levit Schlimmes angetan werden soll; stattdessen kann aber die Nebenfrau herausgegeben werden, die dann zu Tode vergewaltigt wird; der Levit teilt die Leiche in 12 Stücke, um je eins in jeden Stamm zu verteilen, um alle Stämme über den Schandtat zu informieren (Ri 19)
  • Samuel kommt nach Bethlehem, die Heimatstadt Isais und Davids (1Sam 17,12; 20,6.28), wo David die Schafe seines Vaters hütet (1Sam 17,15), um Gott zu opfern und den neuen König – letztendlich David – zu salben (1Sam 16,4)
  • Asael wird im Grab seines Vaters in Bethlehem begraben (2Sam 2,32)
  • Jair aus Bethlehem hat einen Sohn namens Elhanan, der in der Auseinandersetzung mit den Philistern Goliat, den Gatiter, erschlägt (2Sam 21,19)
  • Drei Helden Davids riskieren ihr Leben, um Wasser aus Bethlehem zu holen, das zu dem Zeitpunkt von den Philistern besetzt ist (2Sam 23,14–17; 1Chr 11,17–19)
  • Nach dem Exil kehren 123 Männer von Bethlehem zurück (Esr 2,21); deren Anzahl zusammen mit Netofa beträgt 188 (Neh 7,26)
  • Jismael ermordet Gedalja, den Stellvertreter des Königs von Babel vor Ort, und flieht deshalb mit seinen Leuten nach Ägypten, wobei er in Bethlehem eine Zwischenstation einlegt (Jer 41,17)
  • Im Prophet Micha findet sich eine Verheißung über Bethlehem als Geburtsort eines Hoffnungsträgers, die im NT auf Jesus gedeutet wird (Mi 5,1)

Nach Matthäus 2,1 EU und Lukas 2,4–11 EU, implizit auch Johannes 7,42 EU wurde Jesus Christus in Betlehem geboren. Der angenommene Geburtsort in einer Höhle wird wohl schon ab dem 2. Jahrhundert verehrt. Seit dem Jahr 333 steht an der Stelle die Geburtskirche. Am 29. Juni 2012 wurde die Geburtskirche in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO aufgenommen. Umstritten ist, ob Betlehem tatsächlich der Geburtsort Jesu ist.

Ein 3000 Jahre altes Siegel ist der älteste außerbiblische Hinweis auf die Existenz des Ortes im Königreich Juda.

Rahelgrab

Nach der jüdischen Tradition liegt das Rahelgrab (hebräisch Ḳever Raḥel, arabisch Qubbat Rahil) in Judäa nördlich von Betlehem. Nach biblischer Überlieferung wurde Rachel „an der Straße nach Efrata, das jetzt Betlehem heißt“ (Gen 35,19 EU) begraben.

Rachel steht im Judentum auch als Symbol für Israel und seine Trauer um das verlorene Volk Ephraim, das nicht aus assyrischer Gefangenschaft zurückkehrte: „Rahel weint um ihre Kinder und will sich nicht trösten lassen“ (Jer 31,15 EU).

Universitäten

Seit 1973 gibt es die vom Vatikan gegründete Katholische Universität Bethlehem. Es sind 3.014 Studenten immatrikuliert; davon ein Drittel Christen und zwei Drittel Muslime (Stand 2010). Es wird Philosophie, Wirtschafts- und Naturwissenschaften, Erziehung, Krankenpflege und Tourismus gelehrt. Außerdem wird ein Studiengang von acht Semestern mit theologischen, religiösen und soziologischen Fächern angeboten, der mit einem Bachelor of Arts abgeschlossen wird.

Im September 2007 wurde von der palästinensischen Administration die Gründung einer zweiten Universität in Bethlehem bekanntgegeben. Die Aufnahme des Studienbetriebs an der Ahliya-Universität erfolgte mit unmittelbarer Wirkung.

Krankenhäuser

SSchon 1882 eröffneten französische Vinzentinerinnen ein Krankenhaus, aus dem 1990 das Krankenhaus der Heiligen Familie (Holy family hospital), eine Geburtsklinik des Malteserordens hervorging.

Die Kinderhilfe Bethlehem betreibt seit 1952 das Caritas Baby Hospital, das einzige palästinensische Kinderspital im Westjordanland, welches die Mütter in die Behandlung der Kinder einbezieht.

Tourismus

 
Omar-Moschee und Omar-Platz gegenüber der Geburtskirche Jesu
 
Fünfsternehotel Intercontinental (2010)

Der Fremdenverkehr war für die Stadt immer eine wichtige Einnahmequelle. Durch die Nähe zu Jerusalem übernachteten viele Reisegruppen früher lieber in den günstigeren palästinensischen Hotels als in der Hauptstadt. Nach der Autonomie entstanden deswegen große Hotelneubauten, die von zurückgekehrten Auswanderern errichtet wurden, z. B. Hotel Bethlehem, Hotel Nativity. Der Krippenplatz wurde nach dem Bau einer Parkgarage autofrei. Die vielen Andenkenläden lebten auch von den Tagestouristen gut. Mit großem Eifer wurde das Jubiläumsjahr 2000 vorbereitet und eröffnet, doch der Ausbruch der Zweiten Intifada zerstörte alle Bemühungen. Die mehrmalige Besetzung der Stadt (einmal mit Belagerung von Geburtskirche und St. Katharinenkirche) verursachte große Schäden. Die große Mauer behinderte den Tourismus massiv, und das umständliche Durchqueren der Grenzkontrollstelle führte dazu, dass die Reisegruppen nur noch selten in der Stadt übernachteten. Die großen Hotels mussten wieder schließen bzw. ihre Kapazität reduzieren, Tagesgäste mussten an der Grenze zu Jerusalem den Bus und den Reiseführer wechseln. Die großen Werkstätten für Olivenholz-Schnitzereien mussten viele Mitarbeiter entlassen. Sie konnten ihre Produkte zwar noch in Jerusalem vermarkten, aber mit weniger Gewinn.

Im Jahre 2010 hat sich die touristische Lage wesentlich verbessert: Etwa die Hälfte der Touristen übernachtet in Bethlehem und besucht die dortigen Restaurants; viele Souvenirläden bieten ihre Waren an. Die palästinensische Autonomiebehörde rechnet bis zum Jahreswechsel mit einem Besucherrekord von bis zu zwei Millionen. Des Weiteren finden seit dem Jahr 2000 wieder Touristenführungen durch israelische Reiseleiter statt.

Wirtschaftskonferenz

Bethlehem war 2008 Gastgeber der größten jemals in den Palästinensischen Autonomiegebieten stattgefundenen Wirtschaftskonferenz, der Palestine Investment Conference. Die Initiative dazu ging vom palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fayyad aus. Es nahmen über 1000 Geschäftsleute, Banker und Regierungsbeamte überwiegend aus dem mittleren Osten teil. Die Konferenz wurde 2010 unter der Schirmherrschaft von Präsident Mahmud Abbas mit nahezu 2000 Teilnehmern aus 32 Ländern fortgesetzt.

Aktuelle Lage


 
Die Mauer von Bethlehem
 
Passierpunkt der Mauer von Bethlehem

Nördlich der Stadt verläuft die israelische Sperranlage, die mit einer bis zu acht Meter hohen Mauer Bethlehem von Jerusalem und kleineren palästinensischen Dörfern wie Walaja und Jaba trennt. Die Bewegungsfreiheit der palästinensischen Bewohner der Stadt Bethlehem wird dadurch eingeschränkt.

Aida , auch 'Ayda, ist ein palästinensisches Flüchtlingscamp rund 2 Kilometer nördlich des historischen Zentrums. Das Camp entstand 1950 durch Flüchtlinge aus der Gegend von Jerusalem und Hebron. 1125 Personen lebten in 94 Zelten. Derzeit leben rund 5498 Menschen im Camp (Stand 2014).

In der Agglomeration Bethlehem gab es vor 50 Jahren nur wenige Moscheen. Heute sind es etwa 100. Am Tag der Ankunft Arafats am 23. Dezember 1994 wurde auf dem Dach der Geburtskirche Bethlehems ein 4 × 4 Meter großes Modell des muslimischen Felsendoms aufgestellt. Die Christen antworteten mit dem Aufstellen großer beleuchteter Kreuze auf ihren Privathäusern. Im Januar 1994, wenige Tage nach der Übergabe Bethlehems an die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), wohnten 49.654 Christen in den palästinensisch-kontrollierten Gebieten im Westjordanland und in Gaza. Seitdem sollen 10.754 Christen diese Gebiete verlassen haben, etwa die Hälfte von ihnen seit Ausbruch der El-Aksa-Intifada im September 2000. Allein in Bethlehem, der größten Konzentration von Christen, sank deren Zahl von 29.401 auf 23.659. Die Ursachen dafür sind umstritten. Während die israelische Regierung und pro-israelische Gruppen die Spannungen zwischen Christen und Muslime aufgrund der Stärkung islamistischer Strömungen sowie das soziale Gefälle zwischen eher wohlhabenden Christen und ärmeren Muslimen dafür verantwortlich machen, ergab eine Umfrage aus dem Jahr 2006 unter christlichen Bewohnern der Stadt, durchgeführt vom Palestinian Centre for Research and Cultural Dialogue, dass 78 % der Christen die israelischen Reiserestriktionen für den Exodus ihrer Glaubensgenossen verantwortlich machen. 90 % gaben an, muslimische Freunde zu haben, und 73 % der Christen Bethlehems glauben, dass die PA das christliche Erbe in der Stadt mit Respekt behandelt.

Von der PA wurde bestimmt dass der Bürgermeister und sein Stellvertreter Christen sein müssen. Sogar die Konfession des Bürgermeisters ist festgelegt: Griechisch-orthodox oder römisch-katholisch. In Anbetracht der Bevölkerungsentwicklung regt sich von Seiten der Muslime Widerstand gegen dieses Statut. Andererseits erlaubt dieser Umstand den Partnerstädten, die politischen Kontakte mit der von der Hamas dominierten Gemeinde aufrechtzuerhalten.

Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Bethlehem