Brooklyn
Brooklyn ist einer der fünf Stadtbezirke (Boroughs) von New York City. Er liegt im Südosten der Stadt am westlichen Ende von Long Island und ist deckungsgleich mit dem Kings County. Brooklyn ist nach Manhattan bzw. dem New York County der am dichtesten besiedelte Verwaltungsbezirk der Vereinigten Staaten. 1634 von den Niederländern als Breuckelen gegründet (nach der Stadt Breukelen bei Utrecht), war er bis zur Eingemeindung nach New York 1898 eine eigenständige Stadt. Der Bezirk hat sich jedoch bis heute eine stark ausgeprägte Eigenständigkeit bewahrt.
Geographie
Lage
Brooklyn liegt im äußersten
Westen von Long Island. Die einzige Landgrenze besteht im
Nordosten zu Queens. Den westlichsten Abschnitt dieser Grenze
bildet der Newtown Creek, der in den East River mündet. Auf der
gegenüberliegenden Seite der Upper New York Bay befinden sich
Manhattan (im Nordwesten) und Staten Island (im Westen).
Die Küste Brooklyns wird durch mehrere Gewässer definiert. Die
Nordküste liegt am East River, der mittlere Abschnitt an der
Upper New York Bay. An diesem Teil der Küste liegt die Halbinsel
Red Hook mit dem Hafenbecken Erie Basin. Der Buttermilk Channel
trennt Brooklyn von Governors Island. Südwestlich davon liegt
die Gowanus Bay. Die Südküste Brooklyns umfasst die direkt am
Atlantik liegende Halbinsel Coney Island. Im Südosten befindet
sich die Jamaica Bay mit ihren zahlreichen kleinen Inseln.
Der höchste Punkt Brooklyns ist das Gebiet um den Prospect Park
und den Green-Wood Cemetery, das rund 60 Meter über dem
Meeresspiegel liegt. Eine weitere Erhebung ist Brooklyn Heights
südwestlich des zentralen Stadtteils Downtown Brooklyn. Laut dem
United States Census Bureau hat der Bezirk eine Fläche von 251,0
km². Davon sind 182,9 km² Land und 68,1 km² (27,1 %)
Wasserfläche.
Stadtteile
Brooklyn hat zahlreiche
unterschiedlich geprägte Stadtteile, von denen sich viele aus
Kleinstädten und Dörfern entwickelt haben, die bis zur
niederländischen Ära im frühen 17. Jahrhundert zurückreichen.
Der zentrale Stadtteil Downtown Brooklyn ist ein
funktional-modernes Verwaltungsviertel sowie das drittgrößte
Geschäftsviertel von New York City, nach Midtown Manhattan und
Lower Manhattan. Die parallel zu der Hauptverbindungsstraße
Atlantic Avenue verlaufende Fulton Street im südlichen Teil von
Downtown gilt als die bekannteste Einkaufsmeile des Bezirks.
Charakteristisch für die nordwestlichen Stadtteile zwischen der
Brooklyn Bridge und dem Prospect Park sind die Backstein- und
Sandsteinhäuser aus dem 19. Jahrhundert. Hier liegen einige der
am meisten gentrifizierten und die wohlhabendsten Stadtteile
Brooklyns. Dazu gehören Boerum Hill, Brooklyn Heights, Carroll
Gardens, Cobble Hill, Clinton Hill, Dumbo, Fort Greene, Fulton
Ferry, Park Slope, Prospect Heights, und Vinegar Hill. Die
Entwicklung der historischen Stadtteile in Nordwest-Brooklyn
verlief teils unterschiedlich. Brooklyn Heights etwa fungierte
schon früh als Suburb und Abwanderungsareal für Manhattan. 1955
wurde der Stadtteil zum ersten Historic District New Yorks
erklärt. Dumbo und das weiter südwärts gelegene Red Hook sind
stark vom Niedergang der Hafenanlagen und lokalen
Industriebetriebe in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in
Mitleidenschaft gezogen worden und partizipieren erst seit den
1990er Jahren von der Aufwertung durch hinzuziehende Künstler.
Weiter nördlich entlang des East River liegen Williamsburg und
Greenpoint. Ähnlich wie bei den weiter südlich an der Upper New
York Bay liegenden Hafenanrainervierteln Red Hook und Sunset
Park handelt es sich dabei um traditionelle Arbeiterviertel mit
einer lebendigen Kulturszene. Ursprünglich wurde Williamsburg
stark von deutschen und irischen Einwanderern geprägt. Nach der
Eröffnung der Williamsburg Bridge (1903) avancierte das Viertel
zum dichtbesiedeltsten Areal New Yorks. Bekannt war Williamsburg
unter anderem durch seine zahlreichen Brauereien und
Gastronomiebetriebe. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
entwickelte sich der Stadtteil teilweise zum Problemviertel.
Mittlerweile gilt es als feierfreudige Partymeile mit der
dazugehörigen Performance- und Spaßkultur. Reiseführer
konstatieren allerdings, dass sich Williamsburg trotz der mit
der Gentrifizierung einhergehenden Aufwertungsprozesse seinen
rau-rustikalen Charme erhalten habe.
Das nördlich an der Bezirksgrenze zu Queens gelegene Greenpoint
gilt als kleine Schwester von Williamsburg. Ursprünglich
dominierten polnische Einwanderer das Viertel. Seit den 1990er
Jahren erfolgte ein verstärkter Zuzug von lateinamerikanischen
Einwanderern. Ähnliches gilt für Bushwick, ein südöstlich an
Williamsburg anschließendes und ebenfalls an Queens angrenzendes
Viertel. Bushwick gilt als weiterer Gentrifizierungskandidat.
Die lateinamerikanische Community des Stadtteils ist eine der
größten in New York. Ein weiteres Merkmal des Viertels ist die
alternative Gegenkultur, die sich dort zunehmend etabliert.
Im zentralen und südlichen Teil Brooklyns liegen Stadtteile mit
starken ethnischen und architektonischen Kontrasten. Diese
entstanden Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als
wohlhabend gewordene Einwanderer aus den Mietskasernen in
Manhattan (z. B. Lower East Side) wegzogen. In Borough Park
leben überwiegend orthodoxe Juden, Bensonhurst und Dyker Heights
sind italienisch geprägt, in Brighton Beach auf Coney Island
leben viele Russen. In der Gegend um Bedford-Stuyvesant und
Flatbush haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg hauptsächlich
dunkelhäutige Menschen niedergelassen. Markante Punkte dieses
Bezirksteils sind der Prospect Park sowie der zentrale Friedhof
Green-Wood Cemetery im Norden und die Halbinsel Coney Beach im
Süden. Die auf Coney Beach ansässigen Vergnügungsparks waren bis
zum Zweiten Weltkrieg eine bekannte und von Millionen Touristen
frequentierte Attraktion. Aufgrund der russischen und
jüdisch-russischen Zuwanderung sind Teile der Halbinsel –
insbesondere der Abschnitt um Brighton Beach – auch unter den
Namen „Little Odessa“ oder „Odessa by the Sea“ bekannt.
Die östlichen Stadtteile Brooklyns gelten allgemein als soziale
und sicherheitstechnische Problemzonen. Große Teile werden von
Trabantensiedlungen für sozial Schwache, sogenannte Projects,
geprägt. Besonders gilt dies für East New York, gelegen an der
Jamaica Bay direkt an der Bezirksgrenze zu Queens. Von der
Flächenausdehnung her ist East New York der größte Stadtteil
Brooklyns. Sozial ist er stark von Perspektivlosigkeit, Armut
und Kriminalität geprägt, demografisch gesehen Auffangbecken für
sozial schwache Afroamerikaner sowie migrantische Zuzügler aus
Lateinamerika und der Karibik. In Sachen Sicherheit wird East
New York regelmäßig als No-Go-Area klassifiziert mit hohen
Werten in den Bereichen Gang-Präsenz, Kriminalität und
Mordrate. Ein ähnliches Bild bieten der westlich von East New
York gelegene Stadtteil Brownsville sowie das südlich an der
Jamaica Bay anschließende Viertel Canarsie.
Ein herausragendes Merkmal von Brooklyn sind die
unterschiedlichen, sich jeweils in bestimmten Stadtteilen
konzentrierenden ethnischen Communities. Einerseits prägt die
multikulturell zusammengesetzte Einwohnerschaft stark das Image
von Brooklyn. Reiseführer charakterisieren das Zusammenleben
seiner Einwohner allgemein als entspannt und normal – im
Gegensatz zu der Hektik und Überspanntheit Manhattans.
Allerdings wird die Rolle Brooklyns als herausragender Melting
Pot von New York City durchaus auch kritisch gesehen. Das
Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichem ethnischen
Hintergrund sei in der Praxis eher ein Nebeneinanderherleben.
Zusammentreffen fände eher punktuell statt – beispielsweise
anlässlich von Straßenfesten oder ähnlichen Zusammenkünften.
Verschärfend bemerkbar mache sich zudem die ungleiche
Einkommensverteilung zwischen Weißen und Nicht-Weißen.
Kontrovers gewertet wird insbesondere der von den nordwestlichen
Viertel ausgehende und seit der Jahrtausendwende auf angrenzende
Neighbourhoods übergreifende Gentrifizierungs- und
Aufwertungsprozess. Grobmarkierung hier: die nordwestlichen
Stadtteile inklusive Downtown, in denen dieser Prozess bereits
voll im Gang ist, die zentralen und südlichen Stadtteile, die
insgesamt sehr heterogen geprägt sind und der von sozialen
Problemen geprägte Osten Brooklyns. Der Autor und
Amerikakorrespondent der Süddeutschen Zeitung, Andrian Kreye,
konstatierte ungefähr auf der Höhe des Prospect Parks eine
Grenze, welche die soziale Spaltung geografisch markiere:
„Gleich hinter der Kreuzung beginnt die meilenweite Terra
Incognita der Armen- und Einwandererviertel, die sich bis zum
Flughafen und der Jamaica Bay hinzieht. Man darf nicht vergessen
– in Brooklyn sind weiße Amerikaner eine Minderheit. Fast zwei
Drittel sind Schwarze und Latinos. In fast der Hälfte aller
Haushalte wird nicht englisch gesprochen. Das ist das Brooklyn,
das man nur flüchtig zu sehen bekommt, wenn man entlang der
Ausfallsstrassen zum Flughafen fährt, die von Lagerhallen,
Autowerkstätten und Imbissbuden gesäumt werden. Da stehen die
schmutzigbraunen Sozialbautürme von East New York und
Brownsville, deren Gänge und Parkanlagen von Gangs wie den
Bloods und den Latin Kings kontrolliert werden. Dort leben all
jene Menschen, die Taxi fahren, Hamburger verkaufen und
Büroräume putzen. Wenn sie Glück haben. Die Hälfte aller
schwarzen New Yorker zwischen 18 und 35 ist arbeitslos. Und ein
gutes Viertel aller Bewohner von Brooklyn lebt unterhalb der
Armutsgrenze.“
Bevölkerung
Brooklyn ist mit 2,63
Millionen Einwohnern (2015) der bevölkerungsreichste New
Yorker Stadtbezirk. Das jährliche Bevölkerungswachstum beträgt
0,5 % (Durchschnitt 2000–2008).
Das Gebiet des heutigen Brooklyn verzeichnete im 19. und frühen
20. Jahrhundert ein starkes Bevölkerungswachstum. Die
Ortschaften in Kings County hatten zu Beginn des 19.
Jahrhunderts zusammen knapp 6.000 Einwohner. Als Brooklyn 1898
nach einer Volksabstimmung nach New York eingemeindet wurde,
hatte es bereits mehr als 1 Million Einwohner. 30 Jahre später
überschritt die Bevölkerungszahl die 2,5-Millionen-Marke. Danach
schwächte sich das Wachstum deutlich ab. In der Mitte des 20.
Jahrhunderts setzte sogar ein Bevölkerungsrückgang ein, der sich
bis 1980 auf insgesamt fast ein Fünftel belief. Seitdem ist die
Einwohnerzahl wieder leicht steigend, sodass sie heute wieder
annähernd den Stand von 1930 erreicht hat.
Die multikulturelle Bevölkerung von Brooklyn spiegelt alle
Einwanderungswellen der Vereinigten Staaten wider. Die ersten
Siedler waren Niederländer und Briten, später wanderten
Deutsche, Italiener sowie im Rahmen der Great Migration
ehemalige schwarze Sklaven aus den Südstaaten ein. Die meisten
Migranten der letzten Jahrzehnte stammen hingegen aus Mittel-
und Südamerika sowie aus Asien und Osteuropa. Bedingt durch die
nach wie vor starke Zuwanderung sind heute 41 % aller Einwohner
außerhalb der Vereinigten Staaten geboren.
Mit einem Anteil von 36 % sind Weiße (ohne Hispanics) mit
geringem Abstand die größte Bevölkerungsgruppe. Die häufigsten
europäischen Herkunftsgruppen sind Italiener (7 %), Russen
(4 %), Iren und Polen (jeweils 3 %). 33 % der Einwohner sind
Schwarze und Afroamerikaner, davon viele Einwanderer aus der
Karibik. Hispanics machen 20 % der Bevölkerung aus, darunter
sind die Puertoricaner mit 8 % die größte Herkunftsgruppe.
Asiaten sind die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe, die
mittlerweile 9 % der Einwohner von Brooklyn darstellt, wovon
zwei Drittel Chinesen sind. Bei Betrachtung der einzelnen
Stadtviertel von Brooklyn erscheint die Zusammensetzung der
Bevölkerung jedoch weit weniger vielfältig. Viele Stadtteile
sind entweder überwiegend von Schwarzen oder Weißen bewohnt bzw.
traditionell von Puertoricanern, Italienern, Chinesen oder
anderen Herkunftsgruppen geprägt.
Englisch ist für gut die Hälfte der Einwohner von Brooklyn die
Hauptsprache. Die zweitwichtigste Sprache ist Spanisch, das von
17 % zuhause verwendet wird. Chinesisch und Russisch werden von
jeweils knapp 6 % gesprochen. Die übrigen 18 % verteilen sich
auf andere Sprachen. Insgesamt geben 24 % der Befragten an,
nicht sehr gut Englisch zu sprechen.
Die größte Konfession in Brooklyn stellt die römisch-katholische
Kirche mit einem Anteil von 37 % dar. Weitere 15 % der Einwohner
sind Juden und 9 % Protestanten verschiedener Richtungen.
Geschichte
Als eigenständige Ansiedlung (bis 1898)
Die Niederländer waren die
ersten Europäer, die sich am westlichen Ende von Long Island
niederließen, einer Gegend, die hauptsächlich vom Indianerstamm
der Canarsie besiedelt war. Erste niederländische Siedlung war
Midwout (Midwood), die 1634 gegründet wurde. In den 1630er
Jahren erwarben die Niederländer um Gowanus, Red Hook, die
heutige Brooklyn Navy Yard und Bushwick Land von den Mohawk. Die
Niederländische Westindien-Kompanie gründete 1646 die Siedlung
Breukelen, benannt nach der niederländischen Gemeinde dieses
Namens, gegenüber Nieuw Amsterdam an der Südspitze
Manhattans.
1664 wurde die gesamte Kolonie Nieuw Nederland von den
Engländern erobert. Der Ortsname Breukelen veränderte sich mit
der Zeit, zu Brockland, Brocklin, Brookline und schließlich zu
Brooklyn. Die Engländer reorganisierten die Provinz New York im
Jahr 1683 in zwölf Verwaltungsbezirke. Das nach König Karl II.
benannte Kings County war eine dieser so genannten Countys. Die
Bevölkerungsstruktur wurde nach der Übernahme durch die Briten
heterogener. Besiedelten das Gebiet bis 1660 vorwiegend
Holländer, kamen nun auch Immigranten aus anderen Teilen
Europas. Die sechs „Dutch Towns“ des Countys – Brooklyn (Breukelen),
Flatbush (Midwood), Bushwick, Flatlands (New Amersfoort),
Gravesend und New Utrecht – entwickelten sich peu à peu zur
Korn- und Gemüsekammer für das jenseits des East River gelegene
und rapide expandierende New York.
Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg betraf auch das zum New
Yorker Umland zählende Kings County. Am 27. August 1776 fand die
Schlacht von Long Island (manchmal auch Schlacht von Brooklyn
genannt) statt, eine der ersten großen Schlachten. Die Briten
vertrieben die Kontinentalarmee von den Hügeln beim Green-Wood
Cemetery und dem Prospect Park. Einige Tage später mussten die
Amerikaner ihre Stellungen bei Brooklyn Heights aufgeben,
wodurch die Briten die Kontrolle über den Hafen New York
erlangten. Während des gesamten Krieges wurde die Umgebung von
den Briten kontrolliert, die hier auf die Unterstützung von
Loyalisten zählen konnten. Erst mit der Unterzeichnung des
Frieden von Paris im Jahre 1783 fielen New York und Brooklyn an
die Amerikaner.
Nach dem Unabhängigkeitskrieg setzte ein rasches Wachstum ein.
Profiteur war vor allem die Kernortschaft Brooklyn, in deren
Einzugsbereich sich schnell eine industrielle Infrastruktur aus
Schlachthöfen, Brauereien und Fabriken etablierte. Begünstigt
wurde die Entwicklung durch das Einrichten einer regelmäßigen
Dampfschiff-Fährverbindung nach Manhattan im Jahr 1814. Die
Einwohnerzahl Brooklyns, die 1790 bei 4.500 lag, wuchs in den
beiden Jahrzehnten nach dem Unabhängigkeitskriegs auf das
Dreifache an. Mit der Eröffnung des Erie-Kanals 1825 wurde die
Gegend um New York zu einem wichtigen Handelsplatz. Während der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden so neue städtische
Siedlungen entlang des East River. Im Gefolge der verbesserten
Infrastruktur entwickelte sich Brooklyn zu einer „Schlafstadt“
in unmittelbarer Nachbarschaft zu der expandierenden Metropole
New York. 1834 erhielt Brooklyn das Stadtrecht. Einwohnerzahl
zwischenzeitlich: 16.000 – gegenüber 25.000 im gesamten County
und 250.000 in New York. Auch der Norden und Südosten des
heutigen Boroughs wurde zunehmend erschlossen – insbesondere
Williamsburg sowie die Jamaica Bay, die mittels einer
Eisenbahnlinie mit dem Hafen von Brooklyn verbunden wurde.
Das Bevölkerungswachstum erhielt mit dem Bau zahlreicher
Eisenbahnstrecken ab 1863 einen weiteren Schub. Mit der
Eröffnung der Brooklyn Bridge im Jahr 1883 rückten Brooklyn und
die – damals nur aus Manhattan und der Bronx bestehende – Stadt
New York näher zusammen. Zug um Zug wurden der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts die umliegenden Städte und Dörfer
eingemeindet: Williamsburg 1854, New Lots 1886, Flatbush,
Gravesend und New Utrecht im Jahr 1894. Mit der Eingemeindung
von Flatlands im Jahr 1896 umfasste die Stadt Brooklyn das
gesamte Kings County. Das kulturelle und infrastrukturelle Netz
verdichtete sich mit fortschreitender Urbanisierung ebenfalls.
Neubegründet wurden in dieser Periode unter anderem das Brooklyn
Institute, die Long Island Historical Society, eine
Musikakademie sowie der Prospect Park. Die als „Grüne Lunge“ für
den Borough fungierende und nach dem Vorbild des New Yorker
Central Park erbaute Anlage eröffnete den Betrieb im Jahr 1870.
Als Bezirk von New York City (ab 1898)
Die Einwohnerzahl Brooklyns
hatte sich seit der Jahrhundertmitte verzehnfacht und näherte
sich zwischenzeitlich der Millionenmarke. Bereits in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts war Brooklyn die drittgrößte Stadt
der USA. 1898 stimmten ihre Einwohner mit einer knappen Mehrheit
für die Vereinigung von Manhattan, Bronx, Queens und Richmond
(später Staten Island) zu New York City. Kings County ist
seither ein Stadtbezirk New Yorks. Außerdem behielt es seinen
Status als County des Staates New York.
Die beschriebenen Verdichtungsprozesse setzten sich in der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fort. mit 2,2 Millionen etwa
lag die Einwohnerzahl Brooklyns 1930 deutlich vor derjenigen von
Manhattan. Der erste Flughafen New Yorks (Floyd Bennett Field)
wurde auf dem Territorium Brooklyns eröffnet. Zu einem
bekannten, von Millionen Urlaubern besuchten Publikumsmagneten
entwickelten sich insbesondere die Vergnügungsanlagen auf der am
südlichen Ende des Bezirks gelegenen Halbinsel Coney Island.
Während sich Manhattan zunehmend zu einem Handels-, Kultur- und
Dienstleistungszentrum entwickelte, blieben in Brooklyn
Industrie und Schifffahrt die dominierenden Bereiche. So wurden
während des Zweiten Weltkriegs ein Großteil des Materials und
des Personals über das Brooklyn Army Terminal nach Europa
geschickt.
Die Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren von
Niedergang und Umorientierung geprägt. Ein Symbol für den
bedeutungstechnischen Abstieg Brooklyns war der Weggang der
Baseball-Lokalfavoriten Brooklyn Dodgers nach Los Angeles im
Jahr 1957. Der Niedergang der traditionellen Industrien zog den
Bezirk stark in Mitleidenschaft. Mit betroffen waren auch die
ehemals zahlreichen Brauereien des Bezirks. Fast noch
dramatischer wirkt sich der Wegfall der bezirksbestimmenden
Schifffahrt aus. Hafenanlagen und Werften wanderten weitgehend
ins benachbarte New Jersey ab – insbesondere nach Bayonne und
Elizabeth.
Seit den 1990ern kommen zunehmend Prozesse der Gentrifizierung
zum Tragen. So gelten insbesondere die westlichen Stadtteile an
East River-Mündung und Upper New York Bay als begehrte
Ausweichquartiere für Künstler, Yuppies sowie all jene, die sich
die hohen Mieten in Manhattan nicht mehr leisten können oder
wollen. Stark geprägt ist Brooklyn nach wie vor von seinen
zahlreichen ethnischen Gemeinschaften. Die südlichen Stadtteile
sind stark von jüdisch-orthodoxen, russischen, griechischen,
italienischen, skandinavischen und irischen Gemeinschaften
geprägt. Das Gros der farbigen, karibischen und
lateinamerikanischen Einwanderer wiederum konzentriert sich vor
allem in einigen nordöstlichen und östlichen Stadtteilen.
Entsprechend widerspruchsvoll gestaltet sich so das Gesamtbild.
Während sich die westlichen Stadtteile rund um Downtown
konsolidieren konnten und im Zug von Gentrifizierung und
Tourismus eine gewisse Aufwertung erfuhren, gelten einige
Stadtteile im Osten – insbesondere das von Trabantenstädten und
Sozialwohnungen geprägte East New York – bis auf weiteres als
abgehängt.
Verwaltung
und Politik
Die verwaltungstechnische
Aufgliederung erfolgt wie in den anderen New Yorker Bezirken
auch anhand des Unterteilungsrasters Bezirk („Borough“) –
Community District (verwaltungstechnische Abkürzung: „CD“) –
Stadtviertel / Neighbourhood. Die einzelnen Viertel und
Stadtteile Brooklyns sind insgesamt 18 Community Districts
zugeordnet. Ähnlich wie in Manhattan und den anderen Bezirken
koexistiert teilweise ein Nebeneinander unterschiedlicher
Zuordnungen. So wird das östliche Viertel Cypress Hill manchmal
als eigenständige Neighbourhood hervorgehoben, in anderen Fällen
wiederum als Teil von East New York ausgewiesen.
Verwaltungssitz des Borough Brooklyn ist die im Bezirk Downtown
gelegene Brooklyn Borough Hall. Bis zum Zusammenschluss mit New
York 1898 fungierte sie als Rathaus der bis dato eigenständigen
Stadt. Oberste kommunalpolitische Instanz ist das Borough Boards
mit dem Borough President an der Spitze. Infolge der Abschaffung
des – in Sachen Gesamtstadtplanung mit wesentlichen Kompetenzen
ausgestatteten – New Yorker Board of Estimate im Jahr 1990 haben
sich die Aufgabenbereiche von Boroughs Board und Borough
President stark reduziert. Die Wahlperiode beträgt vier Jahre.
Im Borough Boards sind neben dem Borough President die
Mitglieder des Stadtrats (City Council) sowie die Vorsitzenden
der Community Boards vertreten. Letztere sind Gremien, die sich
aus Vertretern der insgesamt achtzehn Community Districts von
Brooklyn zusammensetzen und lediglich beratende Funktion
ausüben.
Aktueller Borough President von Brooklyn ist der Demokrat Eric
Adams. Er wurde im November 2013 mit 90,8 Prozent der Stimmen
gewählt. Adams’ Vorgänger war Marty Markowitz, gleichfalls ein
Demokrat. Die Demokratische Partei hält eine Mehrheit der
öffentlichen Ämter. 2005 waren 69,7 Prozent der registrierten
Wähler Demokraten. Auf kommunaler Ebene setzt sich die Partei
vor allem für bezahlbaren Wohnraum, Bildung sowie
wirtschaftliche Entwicklung ein. Die Republikaner haben einen
relativ starken Einfluss in den Vierteln Gravesend, Bensonhurst,
Bay Ridge, Dyker Heights und Midwood, die von dem
Kongressabgeordneten Michael Grimm vertreten werden.
Eine weitere gewählte Funktion ist die des Bezirksstaatsanwalts,
des District Attorney. Aktueller Bezirksstaatsanwalt ist Eric
Gonzalez, ebenfalls ein Funktionsträger der Demokratischen
Partei.
Wirtschaft
Laut dem vom New York City
Comptroller herausgegebenen Report vom Mai 2014 gestaltet sich
die wirtschaftliche Situation Brooklyns durchwachsen. Der
Downtown-Distrikt ist außerhalb Manhattans das größte
Geschäftszentrum New Yorks. In Sachen Anwachsen der
Unternehmensanzahl hat der Bezirk eine höhere Wachstumsrate als
der Rest der Stadt. Ähnlich sieht es mit dem Anstieg der
Beschäftigungsrate aus. Mit 19,8 % wächst sie fast doppelt so
schnell als in New York City. Rund die Hälfte aller Jobs fallen
auf die Bereiche Gesundheit und Einzelhandel – ein Faktor, der
allerdings mit dem Nachteil niedriger Löhne verknüpft ist.
Wachsende Sektoren sind Professional und
Business-Dienstleistungen, neue Technologien, die
Kreativwirtschaft sowie Gastronomie.
In absoluten Zahlen ist der private Sektor mit 484.560
Beschäftigten im Jahr 2012 der dynamischste Wirtschaftsfaktor.
Dem vom Staat New York herausgegebenen Ökonomiebericht zufolge
mit den wesentlichen Bezirks-Eckdaten für das Jahr 2014
arbeiteten 2012 160.410 Beschäftigte im Gesundheits- und
Sozialsektor, 64.890 im Einzelhandel, 41.830 im Bereich
Professional und Business Service sowie knapp 10.000 im Bereich
Freizeit und Tourismus. Die Arbeitsplätze in der klassischen
Produktion sind weiter zurückgegangen – allerdings in
verlangsamtem Tempo. Gesamtanzahl im Bereich Produktion: 20.000.
Rund 40 Prozent davon entfallen auf die beiden Branchen
Lebensmittel- und Bekleidungsherstellung (5410 und 3580).
Die Anzahl der gewerbetreibenden Betriebe lag 2011 bei knapp
unter 50.000. Auch hier fällt das Wachstum höher aus als im Rest
der Stadt. Kleine Unternehmen dominieren den Bezirk. Der
Löwenanteil entfällt auf den Einzelhandel. Der Gesundheits- und
Sozialsektor fällt, was die Anzahl der Betriebe anbelangt, mit
13 % zwar zurück, stellt dafür jedoch rund 33 % der
Arbeitsplätze. Hauptgrund für die Diskrepanz: die hohe
Beschäftigtenanzahlen in Krankenhäusern und ähnlichen
Einrichtungen.
Die Lohnentwicklung hat zwar ebenfalls eine schnellere
Wachstumsrate als in anderen Bezirken. Verglichen mit Manhattan,
der Bronx, Queens und Staten Island liegt Brooklyn jedoch
weiterhin am Ende der Skala. Ebenso in Bezug auf das
durchschnittliche Jahreseinkommen in den USA. Der
Durchschnittslohn im privaten Sektor betrug 2012 38.550
US-Dollar pro Jahr, das mittlere Haushaltseinkommen 45.230
US-Dollar. New York-weit liegt letzteres gegenwärtig bei 50.900
US-Dollar. Das Durchschnittseinkommen der US-Bürger lag 2011
bei 48.450 US-Dollar. Der niedrige Lohndurchschnitt spiegelt
unter anderem auch die hohe Konzentration schlecht bezahlender
Branchen im Bezirk – insbesondere das Gesundheitswesen und der
Einzelhandel.
Die Arbeitslosigkeit ist in Brooklyn seit Mitte der 1990er höher
als in jedem anderen Bezirk. Von einem Höchststand während der
Wirtschaftskrise 2008 (10,9 %) sank sie auf einen Stand von
8,8 % (2014). Die Arbeitslosenquote variiert zwischen den
Stadtteilen deutlich. Während die nordwestlichen Viertel
Brooklyn Heights, Cobble Hill und Windsor Terrace unter dem
Durchschnitt liegen, bewegen sich Brownsville, Bushwick,
Bedford-Stuyvesant, Coney Island, Crown Heights sowie East New
York deutlich darüber.
Das durchschnittliche Brooklyner Haushaltseinkommen wuchs 2012
zwar doppelt so schnell wie in der restlichen Stadt. Die
Armutsquote (24,2 %) ist infolge der Rezession zwar gestiegen,
allerdings niedriger als auf ihrem Höhepunkt 1993. 70 % aller
Haushalte lebten 2011 in Mietwohnungen. Der Mangel an
erschwinglichem Wohnraum ist ein ernstes Problem im Bezirk. Ein
wesentlicher Grund: der Mietanstieg, der zwischen 2000 und 2011
fast doppelt so stark ausfiel als derjenige der Einkommen (71
gegenüber 41 Prozent). Fast 30 Prozent der Haushalte sind
mittlerweile gezwungen, mehr als die Hälfte des Einkommens für
die Miete aufzuwenden.
Unterschiedliche Auswirkungen zeigt die Gentrifizierungsdynamik
in einzelnen Vierteln. Während die „Brownstone-Gebiete“ mit
alter Backsteinbau-Substanz im Nordwesten von gutverdienenden
Zuzüglern aus Manhattan profitieren, stehen die ehemaligen
Hafen- und Industrieviertel Williamsburg, Greenpoint, Red Hook
und Sunset Park noch am Anfang dieser Entwicklung. An
wirtschaftlichen Ballungsarealen weist der Bezirk derzeit sechs
auf:
- die Greater Downtown Brooklyn Area: Standort für viele der besser bezahlten Arbeitsplätze des Bezirks.
- das Brooklyn Tech-Triangle inklusive Brooklyn Navy Yard: ein neuer Industriepark zwischen Manhattan- und Williamsburg Bridge für die Kreativwirtschaft, IT- und Elektronikbranche.
- Sunset Park: ein wichtiges Herstellungs- und Industriezentrum, das derzeit fast 8 Prozent der Arbeitsplätze von Brooklyn stellt. Das Brooklyn Army Terminal in der Nähe wurde zu einem manufakturellen Herstellungs-Knotenpunkt umtransferiert.
- Williamsburg–Greenpoint-Umgebung. Dieses Ballungszentrum beinhaltet 10 Prozent der Arbeitsplätze des Bezirks mit Konzentration im Gesundheits- und Baugewerbe.
- Süd-Brooklyn: Dieses Wirtschaftszentrum stellt rund 9 Prozent der Arbeitsplätze in Brooklyn – fast die Hälfte davon in der Gesundheitsversorgung. Hinzu kommt der Tourismus- und Freizeitsektor an den Stränden von Coney Island.
- Greater Borough Park Area: Dieses Ballungsgebiet umfasst im Wesentlichen die Stadtteile und Neighbourhoods Borough Park, Kensington und Ocean Avenue-Bereich. Es stellt 8 Prozent der Arbeitsplätze in Brooklyn. Gesundheitssektor und soziale Unterstützung machen davon ungefähr die Hälfte aus.
Einen nicht unwesentlichen
Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung des Bezirks haben die
Bereiche Kunst, Kultur und Tourismus. 2013 verzeichnete der
Bezirk 15 Millionen Touristen. Ein weiterer wichtiger Faktor
sind die teils renommierten Bildungseinrichtungen im Bezirk. Das
1854 gegründete NYU Polytechnikum etwa gilt als eine der
führenden Technik-Universitäten. Die Long Island University
Brooklyn wiederum hat sich vor allem im Bereich Medizin
profiliert. Als bedeutende Einrichtung aufzuführen ist
schließlich noch die 1912 begründete und im Stadtteil Fort
Greene ansässige Brooklyn Music School.
Als ernstzunehmender Rückschlag für die wirtschaftliche
Konsolidierung des Bezirks haben sich die Auswirkungen des
Hurrikans Sandy im Oktober 2012 erwiesen. In Mitleidenschaft
gezogen wurden insbesondere die Uferpromenaden in Nord-Brooklyn
sowie die Anrainergebieter in Greenpoint, Williamsburg, Dumbo,
Red Hook, Gowanus und Sunset Park. Ebenso betroffen waren das
südliche Brooklyn mit der Halbinsel Coney Island. Die
Wiederaufbauarbeiten sowie flankierende Hilfsprogramme machen
jedoch nur langsam Fortschritte.
In Sachen Wirtschaftsentwicklungsprojekte stehen derzeit mehrere
Vorhaben im Fokus. Eines davon ist das Livonia Commons Project:
278 Sozialwohnungseinheiten mit Mischnutzung im sozialen
Brennpunktbereich East New York. Die Ungleichverteilung der
wirtschaftlichen Entwicklung hat die Gegensätze zwischen den
„alten“ Stadtteilen im Westen und denen an Queens angrenzenden
im Osten weiter verstärkt. Während erstere sich vom
Bedeutungsverlust der klassischen Industrien erholen konnten und
teilweise prosperierten, ist die östliche Hälfte des Bezirks
bislang weitgehend von dieser Entwicklung ausgeschlossen. Die
wirtschaftliche Zweiteilung deckt sich dabei weitgehend mit der
ethnischen. Laut Zensusauswertung aus dem Jahr 2005 leben in den
wirtschaftlich schwächeren Vierteln im Osten und Nordosten
hauptsächlich Afroamerikaner, Hispanics sowie Einwanderer aus
der Karibik.
Vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Brooklyn